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The Folk Implosion - The new Folk Implosion

The Folk Implosion- The new Folk Implosion

Domino / Zomba
VÖ: 17.02.2003

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Now I got worry

Wir schreiben das Jahr 1993. Vorabexemplare des Albums "The new Folk Implosion" von Ex-Junior-Dinosaurier Lou Barlow gerieten durch eine Spalte im Raum-/Zeit-Kontinuum in die Vergangenheit und werden an die noch ganz im Alternative-Fieber steckenden Medien verschickt. Begeisterte Ohren verkünden den lauschenden Redakteuren, daß dies hier nach Höchstwertungen schreit. Noch bevor wenig später in einer alternativen Realität das jüngste Spielzeugs des Indie-Ideologen Barlow mit "Natural one" den überraschendsten Hit der Neunziger abwerfen kann, geistern er, Schlagwerker Russ Pollard und Klampfer Imaad Wassif durch die aufgeklärten Gazetten. Lou Barlow wird Superstar und bekehrt ganze Landschaften mit der Weisheit des "Gimme indie rock". Schöne neue Welt.

Doch leider, leider zeichnen sich solche Zeitreise-Phänomene außerhalb der krummen Phantasie von SciFi-Autoren durch Nichtexistenz aus, und das vierte reguläre Album der Folk Implosion kann uns erst jetzt mit seiner knarzigen Zerbrechlichkeit erfreuen. Zu den Rahmenbedingungen: Eigentlich war Folk Implosion Barlows für Studiogefummel und LoFi-Effektheischerei mit Kollege Jonathan Davis vorgesehenes Emblem, während er mit Sebadoh Rock und Folk in andere Aggregatzustände überführte und sich beim Hometaping-Outfit Sentridoh allein dem Flirt mit einer Beatbox hingab. Da aber Sebadoh mittlerweile wohl Geschichte sein dürften - nebenbei: Rest in peace -, traut sich Barlow endlich, von seiner strikten Projekttrennung abzukommen: "Vorher habe ich den Kram irgendwie aufgeteilt", erklärt Barlow. "Jetzt mache ich Lieder, die Sebadoh-Songs oder Folk-Implosion-Songs geworden wären, und setze sie unter einen Namen."

Und wie klingt das? Nicht mehr unbedingt so frisch wie einst im Mai, aber durch die durchscheinende Produktion immer noch spannend genug. Schon der Opener "Fuse" scheppert mit bluesiger Eleganz los und läßt sich seine verhallten Riffs von sanften Melodien umspielen, während die zerbrechlichen Folk-Hymnen "Pearl" und "Easy" anderswo für jene Art von Gänsehaut sammeln, die auch Jeff Tweedys Wilco nicht verachten würden. "That's what I'm afraid of / I don't have the will to change." Die Suche nach Geborgenheit im Schneckenhaus. Mittendrin mäandert das großartige "Releast" aus seiner merkwürdigen Gruft heraus, verpaßt überraschten Grunge-Überbleibseln eine Gefriertrocknung und entpuppt sich als unwiderstehlicher Ohrwurm für die sensibleren unter den Flanellhemdträgern.

Man spürt förmlich eine Befreiung von selbstauferlegten Zwängen. Beschwört Barlow in "Brand of skin" noch "Harmony's gone / But the rhythm remains", erkennt er später "The fight is over" und versöhnt sich mit sich selbst. Das war bitter nötig. "What I thought was fun isn't fun anymore." Aus der persönlichen Krise findet der Bassist mit Hilfe seiner neuen Kollegen neue Kraft. Für seine Musik, für seine Verse und nicht zuletzt für seine Stimme. Und dennoch bemerkt man auf "The new Folk Implosion" eine gewisse dunkle Grundstimmung. Die Verspieltheit von Songs wie "Free to go" oder eben "Natural one" ist Nachdenklichkeit gewichen. Mag auch mancher jetzt mit Vorwürfen kommen, der Hohepriester des verschrobenen Geschrammels würde seine eigene Maxime verletzen, weil er seinen Songs einfach mal ihre Schönheit läßt, so darf man diesen doch getrost auslachen. Das hier rockt. Auch ohne Zeitreise.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Fuse
  • Brand of skin
  • Releast
  • Easy

Tracklist

  1. Fuse
  2. Brand of skin
  3. Pearl
  4. Releast
  5. End of Henley
  6. Coral
  7. Leaving it up to me
  8. Creature of salt
  9. Easy

Gesamtspielzeit: 42:53 min.

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