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t.A.T.u. - 200 km/h in the wrong lane

t.A.T.u.- 200 km/h in the wrong lane

Universal
VÖ: 27.01.2003

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Warmduscher

Sind sie's oder sind sie's nicht? Selten ist ein Marketing-Konzept derart aufgegangen wie bei t.A.T.u.: Man nehme zwei feurige Russinnen am Rande der Volljährigkeit, lasse sie in einem völlig sinnfreien Video mit nassen Klamotten durch den Regen tänzeln und dabei heiße Küsse austauschen. Fragen nach ihrer sexuellen Polung beantworten die beiden dabei regelmäßig mit vielsagenden Andeutungen oder einem entschiedenen "Jein". Das Resultat: Jene verwirrten Mädchen, die der besten Freundin versehentlich an die Brüste getatscht haben, fühlen sich plötzlich noch verwirrter, aber doch wenigstens verstanden. Und auch alle pubertierenden Jungs freuen sich über den Stoff, aus dem die (feuchten) Träume sind. Kann Image alleine Platten verkaufen? Aber hallo!

Der passende Soundtrack zu den Hochglanz-Ferkeleien fürs Nachmittagsprogramm soll aus einer ach so revolutionären Mischung aus knackigen Dancebeats, vereinzelten Rockgitarren und russischem Flair bestehen. Aber interessiert das überhaupt jemanden? Schließlich überflutet einen das Gesamt-nunja-kunstwerk t.A.T.u. mit derart vielen anderweitigen Reizen, daß keinem mehr auffällt, wie durchschnittlich ihre Single "All the things she said" klingt und wie farblos die beiden eigentlich wirken. Was zwei nasse Blusen doch so alles ausmachen können.

Aber gehen wir mal systematisch vor: Fernseher aus, das Album zur Seite gelegt. Umdrehen oder Aufklappen alleine bringt nichts, schließlich sind auf jeder Seite die leicht bekleideten Gören abgebildet. Und jetzt wird mal ausnahmsweise nur auf die Musik gehört. Au weia. Ob das eine gute Idee war? Auf dem mit netten Zappelbeats in Prodigy-Manier versehenen, durch das Gequäke aber doch ziemlich verschenkten Opener "Not gonna get us" folgt nämlich gleich jenes hinreichend bekannte "All the things she said". Dessen Strophe mag ja noch durch seine Naivität verzücken, der stupide Refrain nervt aber nicht erst seit der Dauerdröhnung auf allen Kanälen. Und läßt sich mangels Melodie nicht einmal zu einem hippen Handyklingelton ausschlachten. Ha! Ich habe eine Lücke im Konzept entdeckt!

Egal, weiter im Text beziehungsweise im Album: Mit "30 minutes" stimmen t.A.T.u. (was übersetzt übrigens so viel bedeutet wie "This girl loves that girl") ihre erste Ballade an. Die beiden dünnen Stimmchen schrauben sich in Höhen, von denen sie sich besser ferngehalten hätten, und der Mund des Hörers nimmt in einer akuten Gähnattacke die Ausmaße eines Garagentors an. Was folgt, müßte eigentlich die Höchststrafe bedeuten: ein Cover des Smiths-Klassikers "How soon is now?". Das haben die sich getraut? Ja, sie haben. Und das Resultat mutet in seiner unfreiwilligen Komik in etwa genauso sympathisch an wie Möllemann nach dem zwölften mißglückten Ausschlußverfahren. Man sieht vor dem inneren Auge gleich rudelweise Solarium-Blondinen mit Plüschhandtäschchen in der Großraumdisco zu diesem ehemaligen Düster-Stück abgehen, mitjohlen und den Lippenstift nachziehen. Wie süß.

Wenn Lena und Yulia auf "Malchik gay" zur schlimmsten Trällerorgie ansetzen, mit ihrer zweiten Ballade "Stars" die erste noch unterbieten und - Wah! - "All the things she said" gleich nochmal auf russisch nachlegen, ist aber endgültig genug. Höchste Zeit, den Selbstversuch zu beenden. Die CD-Hülle wieder herzuholen, das Hochglanz-Booklet aufgeklappt vor den Monitor zu stellen und im Hintergrund wieder den Fernseher anzuknipsen. Und schon einmal den Ton abzudrehen. Sicherheitshalber.

(Armin Linder)

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Highlights

  • How soon is now?

Tracklist

  1. Not gonna get us
  2. All the things she said
  3. Show me love
  4. 30 minutes
  5. How soon is now?
  6. Clowns (Can you see me now?)
  7. Malchik gay
  8. Stars
  9. Ya sholsa s uma
  10. Nas de dagoniat
  11. Show me love (Extended version)
  12. 30 minutes (Remix)

Gesamtspielzeit: 48:11 min.

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  • t.A.T.u. (391 Beiträge / Letzter am 28.03.2012 - 05:47 Uhr)

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