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Your Friend - Gumption

Your Friend- Gumption

Domino / GoodToGo
VÖ: 29.01.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Katharsis in Kansas

Autophobie ist die Angst vor dem Alleinsein. Und viele Menschen, auch wenn sie es nicht zugeben, belastet sie in unterschiedlichem Ausmaß. Diese Angst ist auch eine vor der Stille und davor, sich selbst zu hinterfragen, zu deuten. In vielen Haushalten sind Radios und Fernseher eingeschaltet, die nebenher surren, bei allem möglichen begleiten, um das Gefühl zu erzeugen, als sei da noch jemand anderes. Taryn Blake Miller aka Your Friend kapselt sich hingegen häufig von der Welt ab. Sie liebt die Stille und findet in dieser erst zu sich. Meint sie zumindest. Lautlosigkeit gibt es nicht, man denke nur an John Cages "4'33". Denn irgendetwas lärmt immer, auch wenn es nur die Natur ist. Auf "Gumption" verarbeitet Miller auch ihre Heimat. Es sprudeln die Bäche, es schnarrt und dröhnt auf den weiten Präriefeldern und nebenbei lauscht man der Selbstfindung der 24-Jährigen.

Beim Opener "Heathering" klingt das noch nach einer kindisch-verspielten Variation von Beach House. Dann verdüstert es sich. Bereits "Come back from it" ist wie in dunklem Pastell gestrichen. Miller bezeichnet das als Texturen, die für sie wohl typisch sind. Was sie im Grünen nicht gefunden hat, hat sie eingespielt. Ihre Instrumente mimen also auch die Natur. Schwere Drone-Sounds verschmutzen "Desired things", die Drums sind weich gebürstet und es scheint, als nahe hier ein großes Unheil, eine Überschwemmung oder ein Sturm. Und der wühlt in Miller drinnen. Sie wundert sich über sich und die Welt und das in einem brüchigen Falsett, stimmlich zwischen Sharon Van Etten und Courtney Barnett, mit der sich Your Friend bereits die Bühne teilte. Von der Entschlossenheit, die der Albumtitel nahe legt, flackert wenig auf. Der Titeltrack zerrt immerhin ein wenig was aus dem Morast heraus und wird mit seiner Gitarrenmelodie poppiger.

Das spirituelle "Who will I be in the morning", verpuppt durch zig Halleffekte, erdrückt jedoch in seiner raumgreifenden Kirchenmusik. In diesem Stück offenbaren Delay-Soundeffekte durch zeitliche Überlagerung Dissonanzen, die erschaudern und verzücken. Unter einem Brief steht häufig die floskelhafte Abschlusszeile "Your friend", dein Freund. Als Brief nunmehr ist "Gumption" eine Ansammlung sämtlicher dunkler Facetten, die Miller in sich finden konnte. Sie hat sich mit der Düsternis beschäftigt, sie intensiv beäugt und schickt sie nun fort. Es ist also eine Katharsis. Anfangs schreckt das ab, man möchte den Brief beiseite legen. Öffnet man ihn doch und schaltet das wuselige Drumherum ab und widmet sich ihm voll und ganz, dann kann man nicht einsam sein. Schließlich ist er doch einem Freund gewidmet.

(Maximilian Ginter)

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Highlights

  • Desired things
  • Who will I be in the morning

Tracklist

  1. Heathering
  2. Come back from it
  3. To live with
  4. Desired things
  5. Nothing moved
  6. Gumption
  7. I turned in
  8. Who will I be in the morning

Gesamtspielzeit: 36:48 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2016-01-27 21:15:27 Uhr
Frisch rezensiert!

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