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Christopher Owens - A new testament

Christopher Owens- A new testament

Caroline / Universal
VÖ: 26.09.2014

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Hoch zu Ross

Christopher Owens ist ein komischer Kauz. War er schon immer. Einer, der macht, was er will, sagt, was er denkt und eigentlich nie wirklich der ist, für den man ihn hält. Womöglich also doch kein komischer Kauz? Doch, das wohl schon. Der 35-Jährige ist gerade mal seit fünf Jahren im Geschäft und hat es in dieser Zeit geschafft, mit seiner Ex-Band Girls zwei hervorragende Alben zu veröffentlichen – das tolle Debüt "Album" und dessen würdigen Nachfolger "Father, Son, Holy Ghost" –, um danach schließlich die Auflösung zu verkünden. Mit seinem ersten Solostreich "Lysandre" konnte er 2013 nicht wirklich an die Jubelarien anknüpfen, und mit seinem neuesten Werk "A new testament" dürfte es sogar noch deutlich schwerer werden.

Ein Blick aufs Cover reicht da im Grunde schon: Mit acht Leuten steht Owens da, er in der Mitte, eigentlich bildet er sogar ein bisschen die Spitze. Und um dem countryesken Sound des neuen Albums auch das richtige Gesicht zu verpassen, trägt der Mann aus Florida eine alberne Lederweste und einen pinken Cowboyhut auf dem Kopf. Unehrlich wirkt das, nicht authentisch, wie eine Verkleidung. Eine Maske, die er sich für das Album aufgesetzt hat, passend zu der Rolle, die er hier spielt. Und wenngleich vielleicht nicht alle der irren Stories aus seiner Vergangenheit wirklich so passiert sind, die pünktlich zu jedem Release ausgegraben werden, mochte man ihn als schlaksigen Ex-Junkie, als Sohn einer Prostituierten, als ehemaliges Mitglied einer Sekte. Als den Underdog, der es geschafft hat. Auf "A new testament" sucht man diesen Christopher Owens lange und letzten Endes vergeblich. Man findet stattdessen einen jungen Mann, der einen Cowboy spielt. Schade, dass er dabei so hoch zu Ross und gleichzeitig so unsicher im Sattel sitzt.

Da hilft es kaum, dass auch John Anderson, Danny Eisenberg und Darren Weiss mit an Bord sind, die schon bei Girls mitgewirkt haben – von dem einzigen echten Ex-Mitglied Chet "JR" White fehlt natürlich auch auf "A new testament" jede Spur. Stattdessen probiert sich Owens ausgiebig in seiner neuen Kostümierung, und bisweilen mutet es fast schon absurd an, was er da anstellt: "Over and above myself" klingt, als sei es bei den Aufnahmen zu "Lysandre" auf dem Studioboden liegengeblieben und notdürftig in ein Countrygewand gepresst worden. Im Opener "My troubled heart" darf der von früheren Platten bereits bekannte Chor sein Glück versuchen und spielt über eine relativ egale Melodie eine Art Gospel, der weiß wie Milch und kalt wie Porzellan ist.

Hier und da blitzt er mal auf, der kleine Hoffnungsschimmer und damit verbundene Glaube, dass dieser skurrile Einheitsbrei vielleicht nur ein schlecht gelungener Scherz ist. Aber auch der Schein trügt: Der falsche Groove, den er in "Nobody's business", deutlich spürbar mit hochgezogener Oberlippe und Grashalm zwischen den Zähnen, als Country-Pop verkaufen will, stößt ebenso sauer auf wie der schon peinlich wirkende Storytelling-Versuch in "A heart akin the wind". Dass Owens sich sein Flanellhemd und seine Boots im H&M um die Ecke gekauft hat, ist eine Sache – eine Frechheit ist es aber, dass er seinen Hörern die Katze im Sack als Pferd verkaufen will, so lahm es auch sein mag.

Was auch immer er und Produzent Doug Boehm sich hier gedacht haben, Scherz hin oder her, es war keine gute Idee. Klar, dass die zuckersüße Popnummer "Nothing more than everything to me" als Single auserkoren wurde. Auch klar, dass Owens im dazugehörigen Video vor einer hässlichen Lamettawand singt, während ein paar Kinderdarsteller Klein-Chris und seine Schulliebe spielen. Und mehr als klar ist auch, dass die große dramatische Ballade nicht fehlen darf, die hier in Form vom durchaus annehmbaren "It comes back to you" schlicht viel zu früh verbraten wird. Gegen Ende, wenn die letzten Töne von "I just can't live without you (but I'm still alive)" verstummt sind, einem der rar gesäten Lichtblicke auf "A new testament", bleibt nur das Kopfschütteln zurück. Und ein zerknäulter Cowboy-Hut, der in der Ecke gelandet ist und dort hoffentlich für immer bleibt.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • It comes back to you
  • I just can't live without you (but I'm still alive)

Tracklist

  1. My troubled heart
  2. Nothing more than everything to me
  3. It comes back to you
  4. Stephen
  5. Oh my love
  6. Nobody's business
  7. A heart akin the wind
  8. Key to my heart
  9. Over and above myself
  10. Never wanna see that look again
  11. Overcoming me
  12. I just can't live without you (but I'm still alive)

Gesamtspielzeit: 33:47 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

S.v.K.

Postings: 223

Registriert seit 13.06.2013

2014-10-08 21:50:03 Uhr
Richtig gutes Album. 7/10 bzw. wenn man sich anschaut, was hier sonst alles eine 7 kriegt, müsste es sogar eine 8 sein. die 4/10 ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.
Klar waren der Vorgänger und vor allem die Girls Sachen noch besser, trotzdem ist es ein sehr gutes Album.

humbert humbert

Postings: 2406

Registriert seit 13.06.2013

2014-09-29 22:04:01 Uhr
Das Album haut mich jetzt leider auch nicht um. Da hat mir der Vorgänger doch um einiges besser gefallen. Aber als mies würde ich es jetzt trotzdem nicht bezeichnen. Dafür gefällt mir der Sound des Albums - wie bisher bei allen Girls / Owens Alben - zu sehr.

Kevin

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 1023

Registriert seit 14.05.2013

2014-09-20 17:20:41 Uhr
Wenn man auf halbgare Country- und Gospel-Sperenzchen steht, dann wird man die Platte mögen. Sonst wird's halt wirklich schwierig.

humbert humbert

Postings: 2406

Registriert seit 13.06.2013

2014-09-20 12:09:50 Uhr
Hört sich ja gar nicht gut an. Naja, werde trotzdem reinhören.

Kevin

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 1023

Registriert seit 14.05.2013

2014-09-20 00:04:47 Uhr
Mieses Album, Jenny hat leider absolut recht mit ihrer profunden Einschätzung.

Gerade noch eine 4/10 für mich.
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