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Kalipo - Yaruto

Kalipo- Yaruto

Antime / Rough Trade
VÖ: 12.09.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 10/10

Dramen vom Grill

Man weiß es nicht erst seit den dicken Kindern von Landau: Jeden Tag Pommes ist auch nicht das Wahre. Nun stammt Jakob Häglsperger gar nicht aus der Pfalz, sondern aus dem niederbayerischen Geisenhausen und steht normalerweise bei den inzwischen in Berlin ansässigen Rave-Punks Frittenbude an der Konsole. Aber irgendwann war auch Häglsperger nach etwas weniger Fettigem zumute – womöglich nach Wassereis aus der Kartontube, was auch den Namen seines Soloprojektes erklären könnte. Vor allem aber nach von der Hauptband abgekoppelten musikalischen Ausdrucksmitteln. Dem Elektro-Grill bleibt er auf "Yaruto" zwar treu, ansonsten führt der Weg jedoch ähnlich ins Ungewisse wie die überdachte Rutsche auf dem lichtdurchfluteten Cover. Und in der Ferne hört man es schon bimmeln.

Genau wie zu Anfang von "Embryo", das dieses Album mit versonnenen Echos aus elektronischen Klangschalen und perkussiven Gamelan-Emulationen nachgerade aufreizend entspannt eröffnet – vor allem verglichen mit den hüpfaktiven Frittenbude-Stimmungsbömbchen. Bei der zweiten Single "Lux" schleichen sich sukzessive unruhig fuchtelnde Rhythmusschlaufen, kleine Melodiefragmente und gepitchte Vocal-Fetzen ein, die "Yaruto" allmählich in Richtung der ursprünglichen Erscheinungsform von Dubstep schieben – und somit in die Nähe von Burials Genre-Referenzwerk "Untrue". Mit dem Unterschied, dass die melancholischen Stimm-Modulationen hier zumeist in die Sonne blinzeln und sich nicht auf regennassem Asphalt herumdrücken müssen.

Erst wenn zu den ungreifbaren Backbeats von "Come" indiskretes Geknarze an die Oberfläche dringt, erkennt auch der unvoreingenommene Hörer, dass Häglsperger ansonsten ein Mann der etwas großkarierteren Unterhaltung ist – der latenten Schwermut dieser wunderbaren Tracks schaden aber auch gröbere Spitzen wie diese nichts. Das Titelstück lässt sich anschließend von einem minimalistischen House-Beat antreiben, addiert einen sich ständig verschluckenden Sprachprozessor nebst maßvoll sprotzender Bass-Sequenz und seufzt sich mit gemischten Gefühlen zwischen schüchterner Euphorie und gepflegtem Trübsal auf die Tanzfläche im Club Verzweiflung. Straighter wird es hier nicht mehr – und hinreißender als bei diesem kleinen Roboterdrama auch nicht. Und trotzdem hat "Yaruto" noch einiges in der Hinterhand.

Das hypnotische "Listen to you" etwa, das die an sich grässliche Dance-Leiche Dream Trance dankenswerterweise ins rechte Licht rückt: Frittenbude-Kollege und Antime-Labelmacher Martin Steer tupft ein paar Gitarrenlicks in ein schiebendes Rhythmusgerüst, Paul Kalkbrenner staunt Bauklötze, und um die Ecke warten schon die Glocken aus Caribous "Odessa" und läuten das Stück fidel nach Hause. Die kleine Drone-Rüpelei zum Finale des zehnminütigen Techno-Frühstücksbrettchens "Get rich" ist da längst vergessen und kann diesem reizenden Kurzurlaub in Albumform genausowenig etwas anhaben wie eine gewisse Formelhaftigkeit gegen Ende. Vielleicht ist es sogar gut so, dass der Alltag einen nach "Cloud dancing II" wiederhat – man kann schließlich nicht immer den Kopf in den Wolken haben. Möchte jemand Pommes?

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Lux
  • Come
  • Yaruto
  • Listen to you

Tracklist

  1. Embryo
  2. Lux
  3. Come
  4. Yaruto
  5. Get rich
  6. Take care of your paradise
  7. Listen to you
  8. Ganja
  9. Wilt
  10. Cloud dancing II

Gesamtspielzeit: 63:37 min.

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Armin

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2014-08-27 00:30:02 Uhr
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