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Accept - Blind rage

Accept- Blind rage

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 15.08.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Geschärftes Klingen

Eigentlich ist es ein ungeschriebenes Gesetz: Reunions oder Comebacks einstmals erfolgreicher Bands funktionieren seltenst. Allzu oft steht eher der Füllstand des Girokontos denn künstlerische Integrität im Fokus, viel zu oft können die Alben den naturgemäß immens hohen Erwartungen nicht standhalten. Accept hingegen scheint das alles nicht zu interessieren. Im Gegenteil. Seit der Rückkehr ins Rampenlicht vor vier Jahren genießen die Herren um die Urgesteine Wolf Hoffmann und Peter Baltes ein Maß an Beliebtheit wie zu den glorreichen Zeiten in den Achtzigern, als Alben wie "Metal heart" von 1985 Metal aus Deutschland international salonfähig machten. Das Ganze in Kombination mit einem Sänger wie Mark Tornillo, der das Kunststück vollbrachte, nur bei den härtesten Nostalgikern Wehmut beim Gedanken an den legendären Udo Dirkschneider aufkommen zu lassen, und natürlich dank zweier hochklassiger Alben seit 2010. Comebacks lohnen sich also nicht? Mitunter wohl schon.

Und doch sind die Erwartungen an "Blind rage" immens. Eine gigantische Pressekampagne, flankiert von beeindruckenden Festival-Shows wie unlängst auf dem Wacken Open Air, tat ihr Übriges dazu. Aber die Solinger, die längst ihren Lebensmittelpunkt in den USA haben, machen das einzig Richtige: Sie gehen nach vorne. Der vorab veröffentlichte Opener "Stampede" mag sehr konventionell und gar sperrig sein, aber er haut gnadenlos in die Visage und hinterlässt im Moshpit nichts als verbrannte Erde. Ein Stampfer wie der Feuer schnaubende Stier im Artwork. Dann jedoch zeigt "Dying breed", eine wunderbare lyrische Hommage an die Hardrock- und Metal-Helden der Jugend, die Marschrichtung von "Blind rage" an – nämlich die gewohnte Mischung aus erbarmungslos krachenden Riffs und technisch hochwertigen Soli auf der einen sowie geradezu unverschämt eingängige Melodien auf der anderen Seite, nicht zu vergessen mächtige Chöre im Refrain.

Wer dann immer noch sitzt, darf sich von "Dark side of my heart" endgültig aus dem Sessel hieven lassen, ist doch der Refrain ein Ohrwurm, der mit seiner großartigen Melodie tatsächlich auch auf dem eingangs erwähnten "Metal heart" oder auf "Russian roulette" von 1986 Platz gefunden hätte. Ganz ähnlich wie "Trail of tears", bei dem diejenigen, die nach der Riffsalve in den Strophen noch stehen können, umso vehementer die Fäuste zum Refrain recken. Insofern ist es fast zu verschmerzen, dass "Wanna be free" und später "The curse" sehr hart an der Grenze zwischen catchy und cheesy navigieren – fast ist man dankbar für diese kleinen Pausen zwischen all den Highlights. Aber was macht das schon angesichts solcher Großtaten wie "200 years", "From the ashes we rise" oder dem abschließenden "Final journey", bei dem Hoffmann wieder einmal seiner Klassik-Leidenschaft frönt und in seinem Solo ganz galant Edvard Griegs "Morgenstimmung" zitiert?

Im Grunde muss man schon fast Mitleid mit Udo Dirkschneider haben. Denn während der so stilprägende ehemalige Frontmann seit Langem nichts wirklich Zählbares vorweisen kann und nur deswegen in vollen Konzertsälen auftritt, weil die Fans noch den ein oder anderen Klassiker aus alten Zeiten erwarten dürfen, surfen die alten Kollegen auf einer wahren Welle von Kreativität und Virtuosität. Über die Klasse der Saitenfraktion um Hoffmann, Baltes und den zweiten Gitarristen Herman Frank gibt es ohnehin keine zwei Meinungen, und Tornillo ist in den letzten Jahren zu einem großartigen Frontmann gereift, der endlich seinen Stil gefunden hat und dabei wie eine Mischung aus Dirkschneider und Brian Johnson klingt. Und so zeigt "Blind rage" Accept nicht etwa voll blinder Wut, sondern so ausgefeilt, wie man es von einer Band mit dieser Erfahrung erwarten kann – gepaart mit der Spielfreude von Zwanzigjährigen wird daraus eine Platte, die belegt, dass der viel zitierte Solinger Stahl noch lange nicht zum alten Eisen zu zählen ist.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Dying breed
  • Dark side of my heart
  • 200 years
  • Final journey

Tracklist

  1. Stampede
  2. Dying breed
  3. Dark side of my heart
  4. Fall of the empire
  5. Trail of tears
  6. Wanna be free
  7. 200 years
  8. Bloodbath mastermind
  9. From the ashes we rise
  10. The curse
  11. Final journey

Gesamtspielzeit: 58:39 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Ernie
2014-09-03 13:13:57 Uhr
War beim ersten Hören schon super, beim zweiten noch besser und scheint mit jedem Mal noch besser zu werden.
Selten sowas erlebt. Und ich bin kein Fanboy. Meine Nachbarn tun mir fast ein bisschen leid...

Huhn vom Hof

Postings: 5719

Registriert seit 14.06.2013

2014-09-02 21:50:44 Uhr
Kracht im Gebälk.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2014-08-27 00:28:19 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen?
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