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Slut - Nothing will go wrong

Slut- Nothing will go wrong

Virgin / EMI
VÖ: 05.08.2002

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Down to earth

Mancher Mund steht heute noch offen. Was Slut zu Beginn des letzten Jahres mit "Lookbook" gelang, konnten leere Worte wie "Konzeptalbum" oder "Indiepop" nicht mal im Ansatz erfassen. Wie "Caretaker's theme" dem Hörer abstruse Experimente unterjubelte, ohne daß der es so richtig merkte, wie "The day it rained forever" majestätisch seine Flügel ausbreitete, wie "Hope" zum ergreifenden Robert Smith-Tribut geriet und wie die Band mit einer fesselnden Atmosphäre zwischen Beklemmung und Befreiung gefangen nahm - solcherlei Songs waren Zeugnis einer wahrhaftigen Größe, wie sie nur ganz wenige jemals erreichen.

">Das ein Werk wie "Lookbook" aber auch eine ganze Menge Probleme nach sich ziehen kann, dürften Slut spätestens dann gemerkt haben, als sie sich an die Aufnahmen zu einem würdigen Nachfolger gemacht haben. Wo anfangen? Ein derart in sich geschlossenes Album bietet schließlich kaum Anhalts- und Ausgangspunkte. Wohin gehen? Der monumental-sinfonische Sound der letzten Platte scheint mit dieser bereits völlig ausgereizt. Und ist man nicht ohnehin von vornherein zum scheitern verurteilt, wenn man "Lookbook" einen auch nur annährend adäquaten Nachfolger zur Seite stellen will? Fragen über Fragen. Slut wären nicht die ersten, die an ihnen zerbrechen. Und auch die gleichmütige "Wird schon schief gehen"-Einstellung aus dem Albumtitel wirkt ebenfalls alles andere als beruhigend.

Ja, so macht man sich halt seine Gedanken. Wäre aber gar nicht nötig gewesen. "Nothing will go wrong" ist nämlich mehr als bloße Durchhalteparole. Es ist Programm. Auch Slut-Album Nummer vier steckt wieder voll großer Gefühle, Gesten und Songs. Nur ist es anders. Schwebte "Lookbook" noch mindestens auf Wolke sieben, ist man jetzt zurück auf dem Boden. "Falling down". Die Gitarren heulen auf und reißen aus den Träumen, die manch einer auf dem Vorgänger noch durchlebte. Die Landung aber vollzieht sich weich, und wenn Christian Neuburger zu singen beginnt, ist auch die Geborgenheit wieder da. Eine Stimme, mit der man am liebsten den ganzen Tag lang telefonieren möchte.

"I can wait" atmet den Staub ein, der vom Sturm des ersten Stücks aufgewirbelt wurde und rückt mit repetitiven Sprachsamples - "Kid A" läßt grüßen - wieder alles ins vermeintlich rechte Licht. Everything in its right place. Schon im nächsten Anlauf reißen wilde Gitarren alte Wunden auf, die auch die Zeit nicht heilen wird. "Time is not a remedy / Time is just an enemy." Für einen Moment wird der Grundzustand betrübter Melancholie von blanker Wut überrumpelt. "Easy to love" könnte der große, gewalttätige Bruder der letztjährigen Mini-Hits "It was easier" sein, der sein weiches Herz hinter einer dicken Gitarrenwand verbarrikadiert. Im Angesicht einer schönen Frau ist aber auch er machtlos. "You're so easy to love / Smile away my pain."

Über weite Strecken wohnt "Nothing will go wrong" trotz schwerer Gitarren eine unkomplizierte Leichtigkeit inne. Fuhr "Lookbook" noch auf bis zu 60 Spuren gleichzeitig, benötigen Slut heute kaum mehr die Grundelemente der Musik, um tiefe Tränentäler und verlassene Seelenlandschaften zu durchschreiten. So reichen "Something to die for" ein paar Tasten, um es in fragiler Schönheit erstrahlen zu lassen, während "Blow up" vor roher Energie beinahe überkocht und Slut erstmals so klingen läßt, wie sie heißen. Das Finale ist dennoch wieder Melancholie royal. In Zeitlupe eröffnet sich ein Drama, das glänzende Augen und verklärte Blicke zurückläßt. "Still it's me to trick myself" offenbart uns da ein verzweifelter Jemand, um wenig später "No flowers, please" zu betteln. Noch einmal bricht die Gitarre aus. Dann wird die Luft dünn. Und wieder regnet es für immer.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Falling down
  • Time is not a remedy
  • Easy to love
  • No flowers, please

Tracklist

  1. Falling down
  2. I can wait
  3. Time is not a remedy
  4. Easy to love
  5. Reminder
  6. Universal
  7. Something to die for
  8. Blow up
  9. One more day
  10. No flowers, please

Gesamtspielzeit: 40:01 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Ralph mit F

Postings: 513

Registriert seit 10.03.2021

2022-07-20 10:22:02 Uhr
NWGW 10/10, StillNo1 auch, Lookbook hat miiinimale Hänger, also 9/10. Auf jeden Fall alle auf dem Treppchen der Slut-Alben.

Fiep

Postings: 1203

Registriert seit 29.04.2014

2022-07-20 00:03:51 Uhr
Nachdem alienation zwar nicht an die alten ankam, aber doch recht gut war bin ich immer noch enttäuscht was nun bei slut so veröffentlicht wurde ein der pandemie.
NwGw ist schon ein meisterwerk, genauso wie Lookbook

Saoh

Postings: 1

Registriert seit 19.07.2022

2022-07-19 23:56:28 Uhr
Wie sich halt über Geschmack nicht streiten lässt.... Für mich ist das Album beinah vom ersten bis zum letzten Ton brilliant. Lediglich One More Day ist etwas schwächer. Ansonsten höre ich durchweg eine unerreichte Verbindung von musikalischer Harmonie und Gitarrenhärte. Das Schlagzeug fügt sich ein als Instrument und weniger als Taktgeber. Die Produktion besticht durch große, erdige Klarheit. Für mich eine 9/10.

Gomes21

Postings: 4867

Registriert seit 20.06.2013

2022-03-17 19:13:41 Uhr
Ich mag die Platten längst nicht mehr so gerne wie früher. Die Produktion gefällt mir auf allen Alben nicht wirklich, tolle Songs sind dennoch dabei.
Früher hat mich auch der deutsche Akzent nicht so sehr gestört, heute klingt das für mich alles etwas unfertig. Ich muss aber wirklich noch mal auffrischen, hab ich vor nem Jahr schon geschrieben aber nicht die gaaanz große Lust verspürt :)

boneless

Postings: 5293

Registriert seit 13.05.2014

2022-03-17 18:16:48 Uhr
Bleibt deutlich weniger im Gedächtnis als auf Lookbook.

Bei mir genau umgekehrt. Lookbook finde ich auch zu weich gespült, bei Silence hingegen fehlt mir irgendwie der Druck, leider etwas zu glatt produziert. Tolle Platten sind das natürlich dennoch. Aber Nothing steht für mich schon deutlich über dem Rest.
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