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Click Click - Those nervous surgeons

Click Click- Those nervous surgeons

Dependent / Al!ve
VÖ: 06.06.2014

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

OP ruft Dr. Bob!

Nein, wir befinden uns weder in der Muppet Show, noch hat sich der zittrige Chirurg vom Cover zu einer "Ich bin die Ruhe selbst, ich habe die ganze Nacht gesoffen"-Nummer verstiegen. Schlechte Witze bleiben den Mitarbeiter-Rundmails von Plattentests.de vorbehalten. Tretet ein ins Panoptikum der Gebrüder Smith, einer doppelten Absonderlichkeit aus der englischen Provinz! Es gibt was zu entdecken, noch vor dem nächsten Klick.

Those Nervous Surgeons schienen Ende der 1970er Jahre zu funky für den von ihnen anvisierten Rock, zu abgerockt jedoch für echten Funk und zudem so altbacken krautrockig, dass es nicht mehr die Bohne interessierte. Läuterung kam erst unter neuem Namen auf, als Sänger Adrian ein schlichtes Kästchen in die Hände fiel: Der Wasp war nichts als eine schwarz-gelbe Klimperkiste mit doofer Folientastatur – und einer der wenigen Geräuschemacher, den sich ein normaler Brite damals leisten konnte. Der dazu boshaftesten Lärm produzierte, was wohl am analogen Filter lag, denn der Rest bestand aus blöder Digitaltechnik.

Dieser Synthesizer warf nicht nur das alte Bandgefüge über Bord, sondern dessen Klangbild gleich in die aufkommende Finsternis hinterher. Fortan gaben trauerschwere Flächen, mit plärrenden Resonanzen gekoppelte Percussions und kleine Mundharmonika- oder Gitarren-Spitzen den Ton bei Click Click an. Konserviert in der perfekten Bündelung von industrieller Kälte und zwischenmenschlicher Wärme auf der "Rorschach testing"-LP von 1988, bis heute eins der wertvollsten Alben des dunklen Electro-Wave überhaupt. Trotzdem blieb selbst diese kreative Hochphase einer Minderheit vorbehalten, denn die Zuordnung in ein plumpes Electronic-Body-Korsett erwies sich angesichts Click Clicks Extravaganz als Verkaufshindernis. Ein Dilemma, das die Spannungen zwischen den Brüdern verstärkte.

1989 kam es während einer desaströsen Europatournee dann zur Implosion der Band. Die resultierende Funkstille wurde 1997 kurz für ein ungelenkes Comeback unterbrochen, bei dem sich der Schwerpunkt zu halsstarrem Drum'n'Bass verschob: ein radikaler Schnitt mit der eigenen Vergangenheit, der ohne Fortsetzung blieb. Erst 2009 erfolgte auf offener Bühne eine Rückbesinnung zu alten Tugenden – mit dem Versprechen, wieder aus dem Studio von sich hören zu lassen. Ein Schwur, der heute in Form von zehn imposanten Geboten eingelöst wird. Und ein Kreis, der sich mit dem alten Bandnamen als Titel nunmehr schließt.

Genug Geschichtsbewältigung. Click Click klingen 2014 so, als seien sie nie weg gewesen, aber dennoch erstaunlich frisch. Gotische Harmoniebögen erblühen zu einem heute mehr aus der Neo-Psychedelia bekannten Farbbild, das wiederum von messerscharfen Synthi-Klingen geritzt und von oftmals rigiden Beats angetrieben wird. In "Man in a suit" stellt die markante Stimme Adrians zu Bruder Dereks peitschendem Schlagzeug kurz und bündig fest: Das hier ist keine beschützte Therapiegruppe, das ist die harte Realität. Und so wechselt sein Gesang wieder ansatzlos die Klangfarben von sehnsuchtsvollem Jauchzen bis hin zu bösartigem Fauchen durch, dass es eine echte Freude ist. Auch die Dramaturgie der Platte lässt keine Wünsche offen und bietet neben jeder Menge Bewegungsenergie die nötigen und stimmungsvollen Ruhepausen, so wie das elegische "Keep us out of the way", das vor kathedraler Größe nur so strotzt.

Textlich bleibt es nicht bei introvertierter Larmoyanz, sondern es wird bissig mit allem abgerechnet, das dereinst Ideale hatte und sich nun der Diktatur des Monetariats unterwirft, um ja eine Unze abzubekommen. Als Engländer ist man schließlich nah genug dran an der großen Blase, die nicht zuletzt vom kampfbereiten "What do you want" mit heftigen Sequenzer-Tritten malträtiert wird. Der alte Heuler "Rats in my bed" frönt in einer Neubearbeitung ausgiebigst seinen hymnischen Fanfarensounds und geht als knallderber Tanztrack mit jeder Menge Gefühl durchs Ziel. Als hätten die Hellectro-Kasper plötzlich Authenzität gefressen und den Verzerrer weggeworfen. "Drone" stößt in ein ähnliches Horn, allerdings sanfter. "Burn" setzt dem höllischen Fass schließlich die Zappelkrone auf und beschwört die Leads des Bandklassikers "Yakutska" in das feurige Paradies aller Elektrolurche. Wenn die CD einen echten Höhepunkt besitzt, dann diesen.

Machen wir uns nichts vor. Auch dieses Album wird keine Unmassen an Käufern finden. Aber es ist ein klares Statement in einer Welt, in der nahezu jede und jeder käuflich ist: Mit uns nicht, sagen Click Click: Wir sind und bleiben Individuen mit eigener Meinung. Dafür hat es nicht alleine den Schlussapplaus eines kleinen Rezensenten-Frosches verdient. Musik zum würdevollen Altern.

(Andreas Knöß)

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Highlights

  • Rats in my bed (Version)
  • What do you want
  • Burn
  • Drone
  • Keep us out of the way

Tracklist

  1. Passenger
  2. Man in a suit
  3. Lock them up
  4. Rats in my bed (Version)
  5. Factory
  6. What do you want
  7. The warminister detective
  8. Burn
  9. Drone
  10. Keep us out of the way

Gesamtspielzeit: 55:16 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Artem Anisimov Jersey
2016-11-06 14:55:21 Uhr
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Clickschuh
2014-06-12 09:19:33 Uhr
Statt ewigem Retro-Folkpop nun halt mal Retro-Electro als AdW. Mutig. Harhar.
Fiep()
2014-06-12 08:42:49 Uhr
Muss zur ausnahme mal lagerfeld beipflegen. Nicht das das interesse für gelegentlich ne gute platte nicht da wär, nur NEUE acts die das genre mit leben füllen sind rar gesäht.
9/10
2014-06-12 00:56:49 Uhr
Ich fühle mich einmal mehr missbraucht und ausgekotzt.

Lagerfield

Postings: 216

Registriert seit 29.04.2014

2014-06-12 00:01:44 Uhr
@Blackberry

Du würdest dich wundern. Leider hat sich das Genre inzwischen selbst überholt und die wenigen Neuerscheinungen, die hörbar sind, kommen in der Regel von alten Helden wie Click Click. Und selbst die sind dann nicht sonderlich spektakulär.
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