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The Phantom Band - Strange friend

The Phantom Band- Strange friend

Chemikal Underground / Rough Trade
VÖ: 30.05.2014

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Dem Folk aufs Maul

Wenn etwas sooo einen Bart hat, ist es entweder schon etwas älter oder kommt aus Schottland. Oder beides. Etwa "The wants", das zweite Album von The Phantom Band, das inzwischen über dreieinhalb Jahre zurückliegt. Sänger Rick Anthony kochte unter dem Pseudonym Rick Redbeard zuletzt nämlich lieber sein eigenes Süppchen und wandelte mit "No selfish heart" auf den Spuren von Neil Young und Will Oldham – vielleicht war es ja das, was seine Band auf ihrem Debüt "Checkmate savage" mit "Folk song oblivion" meinte. Also etwas komplett anderes als die zwischen verschrobenem Indie-Rock und verdächtig qualmender Psychedelia hin und her schlingernden Songs, die die Schotten zudem gerne mit hibbeligem Gedengel, auf links gezogenen Beats und erstaunlichen elektronischen Kehrtwendungen aufbohren.

So auch auf Album Nummer drei, das nach Anthonys Soloausflug unter anderem die Frage aufwirft, ob Androiden neben elektrischen Schafen nicht auch zuweilen von akustischen Gitarren träumen – immerhin bezeichneten The Phantom Band ihren Stil selbst einmal als Robofolk. Phantasiebegabte stellen sich darunter am besten den Opener "The wind that cried the world" vor, der die Rhythmusmaschine zunächst bang pluckern lässt, ehe der Song mehrstimmig in den Ohohoh-Himmel auffährt und so Frightened Rabbit im Schweinsgalopp mit Can vermählt. Und bevor noch jemand auf die Idee kommt, das Ganze am Lagerfeuer zu singen, drehen die Glasgower dem versonnenen Outro-Geklimper mit einem Grinsen abrupt den Strom ab. Wenigstens für einen Augenblick.

Danach geht's aufgekratzt weiter durch kosmisch-komische Electronica, aufgeworfenes Post-Punk-Gewobbel und vorwitzige Andeutungen von Math-Rock – woran man bei The Phantom Band ist, weiß man also wie üblich nie so richtig. "Clapshot" stampft zunächst mit temporeichem Slap-Bass zickiges Kraut-Stakkato aus dem Boden, legt aber bald wiederholt den Rückwärtsgang ein, nur um sich anschließend wieder fiebrig hochzujazzen. Und für weitere hitzige Ausreißer ist auch in der Folge gesorgt: Der voluminöse Space-Rocker "Doom patrol" zuckt mit eingebautem Metal-Break genauso frenetisch wie das aufgeregt scheppernde "Sweatbox", das hypernervöse Veitstanz-Foals in eine enge, aber gemütliche Ein-Mann-Gummizelle sperrt. Auch wenn man ab und zu auf einem Bein hüpfen muss.

Zeit zum Verschnaufen bleibt immerhin dann, wenn Anthony sich bei der Folk-Miniatur "Atacama" und dem knuffig dahertapsenden "No shoes blues" seinen liebgewonnenen Klampfereien annähert oder in "Women of Ghent" ein ausgedehnter Museumsspaziergang zu wohligen Folktronica-Sequenzen winkt. "Galápagos" lädt abschließend mit improvisierten Percussion-Einlagen auf Metall und anderem gefundenen Blech sowie verdrießlich brummelndem Drone-Wurmfortsatz dazu ein, sich den Haarwuchs am Ohrläppchen zu frisieren und die Nase zu bürsten. Oder was merkwürdige Freunde sonst noch so machen, während dieses so kunterbunte wie köstlich verdrehte Album sein planvolles Durcheinander veranstaltet und dem Folk dabei aufs Maul (sc)haut. So oder so: Bei The Phantom Band ist der Bart noch lange nicht ab.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • The wind that cried the world
  • Doom patrol
  • Sweatbox

Tracklist

  1. The wind that cried the world
  2. Clapshot
  3. Doom patrol
  4. Atacama
  5. (Invisible) friends
  6. Sweatbox
  7. No shoes blues
  8. Women of Ghent
  9. Galápagos

Gesamtspielzeit: 45:32 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
encarnizado
2014-06-11 21:39:56 Uhr
werd auf jeden fall reinhören. the wants fand ich klasse.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2014-06-11 21:22:29 Uhr
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