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Timber Timbre - Hot dreams

Timber Timbre- Hot dreams

Full Time Hobby / Rough Trade
VÖ: 04.04.2014

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Schmieriges Unterfangen

Unverhoffte Konkurrenz für Taylor Kirk: Eben noch galten seine im Dunkeln glühenden Folk-Anrufungen mit Timber Timbre als akustisches Pendant zu den düster-bedrohlichen Bilderwelten von Albtraum-Regisseur David Lynch, da fängt Letzterer plötzlich selbst an, Platten aufzunehmen. Auch wenn diese nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Ganz anders als Timber Timbre – laut Kirk entkleiden sich inzwischen sogar Nachtclubtänzerinnen in Toronto zu seinen Songs. Das Titelstück von "Hot dreams" ist aber nicht nur dank des lasziven Striplokal-Videos in derartigen Etablissements gut aufgehoben: Schwülstiger Klammerblues und sich behutsam vorwärtstastendes Gecroone raspeln so lange Süßholz, bis sogar die Uraltsynthie-Grundierung vor Rührung hintenüberkippt. Da zieht es selbst dem in seinen Filmen nicht immer kitschresistenten Lynch an den Beißerchen.

"Hot dreams" ist also gar nicht so weit entfernt von dem, was Kollege Holtmann in Bezug auf Destroyers "Kaputt" einmal als softpornöse Fahrstuhlmusik bezeichnete. Zu dieser gehört jedoch auch das unschöne Geschmachte eines schmierigen Saxophons, das diesem Album gelegentlich einen leicht käsigen Anstrich verleiht – und dieser tut auch Timber Timbres schwermütig brodelnden Schleichern selten gut. Selbst wenn mit dem bereits an Arcade Fire, Bon Iver oder TV On The Radio erprobten Colin Stetson ein Fachmann ins Horn stößt, dessen Beiträge auf dem Vorgänger "Creep on creepin' on" aber noch weitaus dezenter ausfielen. Hier dagegen wünscht man sich zuweilen, sie wären ganz ausgefallen. Immerhin ist das überkandidelte Gebläse so weit zurückgefahren, dass ein Großteil der Songs davon unbehelligt bleibt.

Denn Kirk gibt immer noch oft genug den geisterhaft verhallten Crooner, während Simon Trottier seiner Gitarre somnambule Twangs entlockt und Mika Posen herzzerreißende Schluchzer aus den Streichern wringt. In diesen Passagen flirrt "Hot dreams" ähnlich wohlig vor Hitze wie das ausgebleichte Schwarzweiß des Covers – oder ist das nur das Höllenfeuer, das immer wieder unter der Oberfläche lodert? Im pochend aufbegehrenden "Beat the drum slowly" oder beim bassig grantelnden Groove von "Curtains!?" fühlen sich die Bodenplatten in der Oben-ohne-Bar jedenfalls schon ganz warm an. Die längst nicht immer holde Weiblichkeit spielt dabei natürlich eine wesentliche Rolle – und dem armen Kirk mitunter übel mit, der sich resignierend der jüngsten Zurückweisung erinnert: "You turned me on / Then you turned on me."

Vorsichtshalber jagt er erst einmal seine Angetraute zum Teufel – zu ihrem eigenen Besten, versteht sich: "Run from me darling / You better run for your life." Es sind anrührende Momente wie dieser, die gerade in der zweiten Hälfte von "Hot dreams" über die etwas zu urgemütliche Gleichförmigkeit der Bass-Schlagzeug-Strukturen hinwegtrösten, ehe das beschwörende "The new tomorrow" wiederholt in dumpf resonierenden Stolperfallen versinkt. Bei "Grand Canyon" und dem instrumentalen Abschluss "The three sisters" zieht dann erneut das Saxophon seine feuchtwarmen Schlieren, und der Hörer hat seine Schwierigkeiten, sich wieder aus diesen trägen Zwischentiefs emporzuarbeiten. Vielleicht ist "Hot dreams" darum ein für Timber Timbres Verhältnisse etwas schwierigeres Unterfangen geworden. P.S.: Uns ist schwül.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Beat the drum slowly
  • Curtains!?
  • The new tomorrow

Tracklist

  1. Beat the drum slowly
  2. Hot dreams
  3. Curtains!?
  4. Bring me simple men
  5. Resurrection drive part II
  6. Grand Canyon
  7. This low commotion
  8. The new tomorrow
  9. Run from me
  10. The three sisters

Gesamtspielzeit: 43:05 min.

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