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Judith Holofernes - Ein leichtes Schwert

Judith Holofernes- Ein leichtes Schwert

Four / Sony
VÖ: 07.02.2014

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Heldin a.D.

Wenn Wir Sind Helden eine Band für Neon-Abonnenten war, dann macht Judith Holofernes auf Solopfaden Musik für den gemeinen Nido-Leser. Wo früher also frech-frivole Texte mit jeder Menge Augenzwinkern und einer feinen Portion Melancholie standen, regieren nun nachdenkliche Songs für die Frau ab 35, mal weinerlich, meist albern, nie so richtig tiefgründig oder witzig. Und das waren ja eigentlich immer die Adjektive, mit denen man Wir Sind Helden am besten beschreiben konnte. Was nicht alle wissen: "Ein leichtes Schwert" ist bereits das zweite Album von Judith Holofernes. Ihr erster Alleingang fällt in die Zeit vor Wir Sind Helden, hört auf den Namen "Kamikazefliege" und enthält bereits einige Stücke, die später auch im Bandkontext veröffentlicht wurden. Nun ist also der Nachfolger dran, ein wortwitziges Album für die ganze Kleinfamilie, auf dem man so ziemlich alles findet, was zwischen kindlich-naive Melodien und sensible Introspektion passt.

Holofernes hat sich für diese Platte von Paul Simon inspirieren lassen, – könnte man meinen – denn die subtropischen Rhythmen erinnern nicht selten an "Graceland", was insbesondere für die ersten beiden Songs gilt. Dass der Funken dennoch nicht überspringen will, liegt vor allem an den Texten der eloquenten Frontfrau, die viel zu oft obsolete Quisquilien thematisieren. Hierbei versucht die Wahl-Berlinerin in diverse Rollen zu schlüpfen: So inszeniert sie sich als notorisches Faultier, als liebevoll-genervte Mutter und als gebildeter Musiknerd, auf den Punkt bringt sie dieses Spiel mit den Identitäten jedoch nicht. Letztendlich schwebt über allem der direkte Vergleich mit der ehemaligen Stammband, und den verliert Holofernes mit 6:0 und 6:0, ohne Chance auf einen dritten Satz. Die emotionale Tiefe und der grazile Sanftmut von gänsehautschönen Stücken wie "Echolot" oder "Wenn es passiert" bleiben unerreicht, viel zu häufig kommen hier oberflächliche Geschichten auf den Tisch. Da darf man dann schon mal mit einer Träne im Knopfloch "Von hier an blind" aus dem Regal ziehen und wehmütig werden.

Bitte nicht falsch verstehen: "Ein leichtes Schwert" ist kein schlechtes Album, aber es wirkt dann letztendlich doch wie eine zu lockere Fingerübung eines schlauen Geistes. Im aufgekratzten "MILF" zählt sie dann mal fleißig Künstler und Gruppen aus der heimischen Musiksammlung auf, während sie das gleiche Spiel im melancholischen "John Irving" mit Literaten und Filmregisseuren wiederholt und dabei kluge Ratschläge verteilen möchte: "Johnny Franzen, meine Langmut hat Grenzen / Also spar Dir dein Grinsen und mach' das Buch zu / Johnny Safran, kauf' Dir einen Kaftan / Schau Dir noch ein Kaff an, aber lass mich in Ruh'." An dieser Stelle gilt es, tief durchzuatmen, denn der Song wird danach noch weitere drei Minuten derlei krude Reime in den Äther pusten. Mit "Pechmarie" oder "Nichtsnutz" enthält das Album immerhin ein paar nette, leicht verdauliche Pop-Nummern, "Ein leichtes Schwert" und "Liebe Teil 2 – Jetzt erst recht" überzeugen hingegen durch und durch und unterstreichen, dass Holofernes prinzipiell in der Lage ist, ganz wunderbare Songs zu komponieren. Diesem Umstand wird "Ein leichtes Schwert" letzten Endes leider viel zu selten gerecht.

(Kevin Holtmann)

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Highlights

  • Ein leichtes Schwert
  • Liebe Teil 2 – Jetzt erst recht

Tracklist

  1. Nichtsnutz
  2. Pechmarie
  3. Ein leichtes Schwert
  4. Danke, ich hab schon
  5. Liebe Teil 2 – Jetzt erst recht
  6. Opossum
  7. MILF
  8. Brennende Brücken
  9. Hasenherz
  10. Platz da
  11. Havarie
  12. John Irving

Gesamtspielzeit: 46:20 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
ach herrjeh
2016-10-10 12:00:10 Uhr
file under: dota kehr (und die stadtpiraten)...

AndreasM

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 705

Registriert seit 15.05.2013

2016-10-10 09:52:39 Uhr
Ihren letzten beiden Blogeinträgen hier zufolge ist ihr neues Album nun gar nicht mehr so weit von der Fertigstellung. Das Interessante: es ist in Zusammenarbeit mit Teitur und dem Berliner Stargaze-Orchester entstanden.
lolo
2014-02-25 11:53:36 Uhr
Das heist du has ne ständer bekomst?
Je[s]us von Berlin
2014-02-24 21:55:56 Uhr
"solche texte find ich einfach grossartig

Neon-Abonnent?"

Damit ist echt alles gesagt!!!
War neulich im Interview in der Glotze in 3Sat. Da ist der Draht aber ordentlich urchgeschmort!
Neider
2014-02-24 21:47:25 Uhr
Pola hat das große Los gezogen!!
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