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Forest Fire - Screens

Forest Fire- Screens

Fat Cat / Al!ve
VÖ: 04.10.2013

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Obst obskur

"Henkers Mahlzeit" – so stand es nicht ganz zu Unrecht über der Rezension zu Forest Fires zweitem Album "Staring at the X". Doch auch so ein Obsttag hat etwas für sich. Auch wenn vermutlich kaum jemand Äpfel und Birnen wie auf dem Cover von "Screens" vor dem Verzehr in einem pinkfarbenen Waschbecken platzieren und eine Zahnbürste danebenlegen wird, damit man sich anschließend die schädliche Fruchtsäure von den Beißerchen schrubben kann. Doch dass die Band um Mark Thresher all das für eine gute Idee hält, verwundert nicht, denn bereits der Vorgänger leimte Dinge zusammen, die nicht zusammengehören: verdrehte Akustik-Zupfereien und Percussion-Geschlacker, Post-Rock und entrückte Electronics. Und glaubt man den vier New Yorkern, hat ihr Sound inzwischen rein gar nichts mehr mit dem des Debüts "Survival" zu tun.

Dennoch erklärt "Screens" vielleicht am besten die obskure Bezeichnung "Cosmic Americana", die Forest Fire zumindest in ihren Anfangstagen anhaftete: Die Drums humpeln angenehm fußamputiert durch die Szenerie, Threshers Gesang geistert heliumselig und zeitweilig gedoppelt umher, und Natalie Stormanns im Grunde simple, aber umso gleißendere Keyboardkaskaden überspülen praktisch jeden Song. Der Auftakt "Waiting in the night" klingt ähnlich somnambul wie sein Titel: Stetige Synthie-Tupfer blinzeln mit unscharf verhallenden Riffs um die Wette, während die Stimme ein banges "Is there something in the night worth waiting for?" in den Raum stellt. Berechtigte Frage überdies – aber eigentlich auch völlig gegenstandslos, solange man im Dunkeln dasitzen und dieses unterschwellig-wohlige Gruseln genießen kann.

Trotzdem profitiert "Screens" auch von im Vergleich zu "Staring at the X" deutlich gerafften Strukturen und sogar oft von unbestreitbarer Eingängigkeit. "Yellow roses" etwa orgelt sich vielfingrig in einen Loop aus rollenden Drums, zu dem Thresher von blumigen Hippie-Fantasien fabuliert – die fruchtige Hochzeit von kosmischer (aha!) Elektronik und den bewusstseinserweiternden Qualitäten des Freak-Folk (soso!). Womit der weiter oben erwähnte Begriff nun auch erklärt wäre und Forest Fire in Ruhe weitermachen dürfen. "Monorail" wirft verspult ein paar abgehackte Handclaps in ein psychedelisches Backbeat-Arrangement, "Cold kind" halluziniert eine Art minimalistische Suicide-Inkarnation auf weichen Drogen – wäre da nicht eine ätzend dazwischenschabende Gitarre, die sich jedoch gleich wieder von selbstvergessenem Lalala besänftigen lässt.

Und vielleicht singen Forest Fire sich ja Mut an? Die Hauptsache kommt nämlich noch: "Annie" ist ein kreuzmonotones, elfminütiges Stück krautrockige Erfüllung, dessen bassige Brummelei und elektronische Kometenmelodie auch Kraftwerk beim Morgenspaziergang gesummt hätten, wären sie ihnen nur eingefallen. Zwar spuckt die Protagonistin im Verlauf des Songs Thresher leider ins Gesicht, aber der Sänger lächelt nur gütig – ihm doch egal, ob die Guteste angesichts seiner demonstrativen Gelassenheit noch wütender wird. Doch selbst Forest Fire können anders und setzen im Finale "Never far" blechernem Schlagzeug und auf dem letzten Loch fiependen Saiten so sehr zu, bis das Stück lautstark detoniert und alle zufrieden sind. Außer Annie wahrscheinlich. Doch Thresher kann ihr ja einen Obstkorb schenken. Oder dieses Album.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Waiting in the night
  • Yellow roses
  • Annie
  • Never far

Tracklist

  1. Waiting in the night
  2. Yellow roses
  3. Passengers
  4. Monorail
  5. Cold kind
  6. Fixation
  7. Annie
  8. Great wall
  9. Alone with the wires
  10. Never far

Gesamtspielzeit: 42:50 min.

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