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Vampire Weekend - Modern vampires of the city

Vampire Weekend- Modern vampires of the city

XL / Beggars / Indigo
VÖ: 10.05.2013

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Aller guten Dinge

Im Grunde hätten es sich Ezra Koenig und seine drei Mistreiter von Vampire Weekend auch einfacher machen können. Nach zwei erfolgreichen Alben noch ein drittes aufzunehmen, das bei Kritik wie Kunde gleichermaßen positiv aufgenommen wird, dürfte sowieso schwierig genug sein. Warum dann noch groß experimentieren? Aber die New Yorker geben nun mal einen mehr als feuchten Dreck auf Konventionen und machen, was ihnen gerade passt. Von der natürlich klug platzierten Berichterstattung rund um den Schauspieler Steve Buscemi, der (angeblich) mit Bassist Chris Baio verwandt ist und der Band anschließend ein wenig unter die Arme griff, über die Veröffentlichung der ersten Single "Diane Young", in der Koenig wie einst Elvis sein "Baby, Baby, Baby, Baby" besingt, bis zur B-Seite von eben diesem Song, "Step", das sich gleichzeitig so viel mehr zurücknimmt und doch viel eher hervorsticht, hat das Quartett eigentlich alles richtig gemacht. Selbst der irgendwie falsch platziert wirkende und in seiner Kursivschrift so gar nicht passende Albumtitel von "Modern vampires of the city" auf dem Cover gehört mit dazu. In dieser schrägen, unpassenden Weise passt alles zusammen. Wie eine Art Puzzle, bei dem zwar die Teile rein bautechnisch zusammengehören, aber ein ganz merkwürdiges, schönes Bild offenbaren.

"Modern vampires of the city" beendet sie also, die Trilogie, die, angefangen mit dem selbstbetitelten Debüt "Vampire Weekend" von 2008 und dem zwei Jahre später veröffentlichten "Contra", gerade in der Indie-Runde für Aufsehen sorgte. Da waren diese vier Mittzwanziger aus gutem Hause, die so unangestrengt cool rüberkamen und deren Mischung aus Indie-Irgendwas, Weltmusik und Afropop zwar neu wirkte, aber das natürlich nicht war - was man ihnen auch nicht vorwerfen konnte. Das dritte Album begibt sich nach einer langen Reise nun wieder zurück in heimatliches Terrain und erzählt in seinen zwölf Songs hauptsächlich von der Liebe zu und Geschichten aus New York. Kein großspuriges "I'm king of the hill, top of the leap" wie Frank Sinatra, kein skeptisches "Que pasa, New York?" à la Lennon, auch kein Reedscher "Walk on the wild side", sondern stattdessen ein Sück wie das gespenstisch anmutende "Hudson", das vom Tod des Namensgebers vom Hudson River erzählt. Songs über New York gibt es genug - aber kaum solche wie hier.

Dabei startet das dritte Werk von Vampire Weekend sogar vergleichsweise verhalten. Kein übereifriges "Mansard roof", kein polterndes "Horchata", sondern ein sanftes und mit Pianoklängen durchsetztes "Obvious bicycle", das sich einerseits anhört, als würde Koenig gerade erst klarwerden, dass er mit seinen 29 Jahren wohl endgültig erwachsen geworden ist, und andererseits so, als habe man Drummer Chris Tomson kurzzeitig gegen ein pogospringendes Kind ausgetauscht. Klar, dass diese Ambivalenz zum gesamten Konzept der Band gehört, tat sie ja schon immer. Eine lyrische Kuschelnummer bietet "Everlasting arms", das von einem alten Kirchenlied inspiriert worden sein soll, und ab in die Vergangenheit Richtung "A-Punk" geht es mit dem hektischen "Finger back".

Nach etwas weniger Experimentier-, aber genauso viel Spielfreude klingt "Unbelievers", das kurz vor Schluss noch mit einem hymnenartigen Instrumentalteil aufwartet, den man in dieser Form wohl nicht auf "Modern vampires of the city" erwartet hätte - und der genau aus diesem Grund doppelt überzeugt. "Ya hey" ist dafür nicht das erhoffte (umgedrehte) Cover von OutKast, sondern erzählt stattdessen die Geschichte des Alten Testaments - untermalt von einigen Lauten, die klingen, als seien sie von den Chipmunks persönlich eingesungen worden. Eine weitere gar göttliche Begegnung gibt es in "Worship you", bei dem man als Hörer Zeuge wird, wie Koenig sich an einer Art Rap versucht, bis man doch schon am Ende des Album ankommt. Da gibt es mit dem nicht mal zweiminüten "Young lion" einen der schönen Vampire-Weekend-Songs, der in keiner Weise nach Vampire Weekend klingt. Wieder ist da diese Ambivalenz, diesmal zwischen Zerbrechlichkeit und Hoffnung, wenn Rostam Batmanglij, eigentlich unter anderem für die Gitarre und das Keyboard zuständig, zu leisen Piano- und Gitarrenklängen ein bewussteres Empfinden der Zeit einfordert, und spätestens dann ist es eigentlich klar: Selbst wenn "Vampire Weekend" und "Contra" die größeren, einprägsameren Hits hatten, dürfte "Modern vampires of the city" auf lange Sicht gesehen das beste Album der New Yorker werden. Es braucht nur eben etwas Zeit.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Unbelievers
  • Step
  • Diane Young
  • Finger back
  • Young lion

Tracklist

  1. Obvious bicycle
  2. Unbelievers
  3. Step
  4. Diane Young
  5. Don't lie
  6. Hannah Hunt
  7. Everlasting arms
  8. Finger back
  9. Worship you
  10. Ya hey
  11. Hudson
  12. Young lion

Gesamtspielzeit: 43:26 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Gordon Fraser

Postings: 2543

Registriert seit 14.06.2013

2016-05-21 17:00:59 Uhr
Schön, dass mir anderthalb Jahre später noch jemand beispringt. :D

Mr. Orange

User und News-Scout

Postings: 2914

Registriert seit 04.02.2015

2016-05-21 14:12:54 Uhr
Höre ich da ein anderes Album als alle anderen? Finde das Debüt (9/10) und auch die "Contra" (7-8/10) klar stärker.

Seh ich genauso. Find das Album gut, aber klar ihr schwächstes bisher. Und den Riesenhype um "Hannah Hunt" hab ich auch nie nachvollziehen können.

Mister X

Postings: 3401

Registriert seit 30.10.2013

2016-05-21 13:58:17 Uhr
hat immer noch nichts von seinem glanz verloren. besonders jetzt im sommer zu empfehlen. die 9.3 von pitchfork sind schon wenig. ab 9.5 ist das dind mind. wenn man bedenkt dass die yeesuz 9.5 bekommen hat.

Gordon Fraser

Postings: 2543

Registriert seit 14.06.2013

2014-11-26 18:46:51 Uhr
Naja, aber der Jahrhundertsong (ich übertreibe), den viele hier sehen, höre ich da einfach nicht.

Demon Cleaner

User und Moderator

Postings: 5646

Registriert seit 15.05.2013

2014-11-26 18:44:51 Uhr
"Hannah Hunt" plätschert besonders am Ende ganz sicher nicht.
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