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Bastille - Bad blood

Bastille- Bad blood

Virgin / Universal
VÖ: 01.03.2013

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Coldplay 2.1

Dan Smith von Bastille ist bekennend cinephil, vermutlich würde der Sänger weit eher das Exklusive des Cineastentums für sich reklamieren, das sich in einem exzessiven Gutfinden von David Lynch artikuliert. Die persönlichen Vorlieben durchdringen und bestimmen auch seine Kunst. Das Cover von "Bad blood" übernimmt explizit die Bildlichkeit von Lynchs 1990er-Meisterwerk "Lost highway", worauf für alle Dummies im Booklet ostentativ mit einem von Smith getragenen "Lost highway"-T-Shirt verwiesen wird. Muss diese Verbindung dermaßen ärgerlich offenkundig gemacht werden, als handele es sich um ein Konzept, nach dem vergeblich gesucht werden kann? Mit "Laura Palmer" schrieb Smith zudem gleich ein Hohelied auf Lynchs uneigentliche Protagonistin aus "Twin Peaks". Warum auch nicht? Das Problem dabei ist, dass mit "Bad blood" optisch auf Verstörung gesetzt und damit der Dünkel cineastischen Besserwissertums hochgehalten wird, aber das Erzeugnis in seinem Anspruch wolkenkratzerhoch daran scheitert, die eigenen, vermutlich an Lynchs Bildkunst ausgerichteten, Ansprüche zu halten. Anders gesagt: Zwischen der für die eigenen Zwecke versklavten düsteren Optik eines filmischen Genies und dem angeglumten A-ha-Pop von Bastille klaffen Welten. Hat Smith das irgendwie nicht auf den Schirm gekriegt?

Es ist erstaunlich, wie sehr das Nr.-1-UK-Chartalbum"Bad blood" unterm Strich unterwältigt, gibt es sich ernüchternd als Coldplay der Spätphase in der 2.1-Version. Schon die durch die Charts-Decke gehende Single "Pompeii" mit Vangelis-Chören weckt starke Erinnerungen an Colin Farrells blonde Vokuhila-Matte aus "Alexander". Genau hier liegt der Grund, warum die Dachdecker-Mentalität, fünf gerade sein zu lassen, nicht funktioniert. Wie in Oliver Stones filmischer Auseinandersetzung mit dem griechischen Eroberer ein Jammerlappen präsentiert wird, der sich den Kajal mit der Wasserpistole aufzutragen scheint und einzig großen Heroen nacheifert, eben solchen wie Herakles, der in der Mythologie die Stadt Pompej gründete, eifern Bastille mit ihrem "Pompeii" bis zur Mimesis ihrem musikalischen Idol Chris Martin nach, der mit seiner Band auf künstlerischer Ebene ähnlich grandios scheiterte, wie der altgriechische Heros an seinem Leben durch Betrug. Bastilles Song klingt schlicht nach "König der Löwen" mit Kitsch-Bombast. Dies steht wiederum quer zu Lynch, einmal davon abgesehen, dass Smiths Opener in seiner Ecken- und Kantenlosigkeit anödet.

"Things we lost in the fire" greift den Titel von Susanne Biers 2007er-Filmdrama auf, zeigt Smith als veritablen Lyriker und begeistert mit bezauberndem Klavier, bekommt jedoch das Profil etwas verschlissen, wenn es schließlich und bedauerlicherweise in die Reihe massenkompatibler Balladen eingereiht wird, die seit Jahren die Radiofrequenzen heimsuchen. Etwas Experimentalfreude hätte Smith sicherlich gut getan. "Bad blood" dagegen rattert mit passablem Beat durch die Endphase der 1980er, wird jedoch in seinem Potential durch unselige "Oh-oh-oh-ohs" sofort beschnitten. Dieses zur Histaminintoleranz getriebene Anbiedern an erfolgreiche Formate auf Kosten kreativen Mutes beängstigt auf Albumlänge. Dermaßen hausbacken ging Smiths Vorbild Lynch mit seiner Kunst nie zu Werke.

Auch für das hallige, mit Säuselchor im Zuckerpop arrangierte "Laura Palmer", wie für "Bad blood" im Allgemeinen, kann der Kommentar von The Dillinger Escape Plans Greg Puciato gelten, nachdem er 2002 beim renommierten Reading Festival auf die Bühne geschissen und sich sowie Fans eingeschmiert hat: "Was viele Musiker heute Kunst nennen, ist auch nichts anderes als das, was ich getan habe." "Bad blood" ist weiter von Lynch und Kunst entfernt als die Welt von der Apokalypse. Anspruch und Wirklichkeit können nur vom Dünkel des Briten zusammengehalten werden. Immerhin liefert Smith mit "Icarus" eine Glumnummer mit Format. Aber diese Feststellung ist vermutlich ebenfalls nur Dünkel, diesmal aber der des Kritikers. So what.

(Peter Somogyi)

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Highlights

  • Things we lost in the fire
  • Oblivion

Tracklist

  1. Pompeii
  2. Things we lost in the fire
  3. Bad blood
  4. Overjoyed
  5. These streets
  6. Weight of living pt. II
  7. Icarus
  8. Oblivion
  9. Flaws
  10. Daniel in the den
  11. Laura Palmer
  12. Get home

Gesamtspielzeit: 43:58 min.

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