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Westbam - Götterstraße

Westbam- Götterstraße

Vertigo / Universal
VÖ: 26.04.2013

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Das zweite Hallo

Was Zeit ist? Freilich, nur Ex-Plattentests.de-Vordenker Oliver Ding wusste bei einer Brutalo-Frage wie dieser verlässlich mit analytischer Brillanz den Weg zu weisen. Wir Zurückgelassenen können nur festhalten: sie vergeht. Manchmal tickt sie öde vor sich hin, die ewige Wiederkehr des Gleichen. Die alten Hackfressen, die strunzblöden Sprüche von vorgestern, die verstaubten Posen. Überall Retro, überall die strenge Stimme der Reaktion. Fraglos, die alten Säcke nerven. Es fehlt an Mut, es fehlt an Risiko.

Westbam ist wieder da. Oder noch. Pop war mal, so sagen die Alten, eine Sache der Jungen. Eine Gesellschaft, die Helmut Schmidt für einen klugen Beobachter hält, weil er nichts anderes tut, als steinalt zu sein, eine Gesellschaft, die einer primitiv von der Seite angemachten Journalistin zuruft, sie habe sich gefälligst einem älteren Herren mit Respekt zu nähern, ist selbst hier, im Pop, im Begriff, den Generationenvertrag zu vergessen. Den Jungen gehört die Zukunft, den Alten die Rente? Längst nicht mehr.

Der Techno war die letzte, echte Innovation der Jungen, sie war auch die letzte Idee, die politische Aussagekraft hatte, gerade als hedonistische Entkernung des Politischen. Und jetzt also wieder Westbam, immer noch? Egal, was man von den jüngsten Entwicklungen auch halten mag, von den bauernschlauen Jungs wie Skrillex oder den verkopften Impulsen im Minimal-Techno eines Dominik Eulberg oder Pantha Du Prince, die endgültig die Negation der Negation vorangetrieben haben, indem sie Techno heranzüchten wie Botaniker - wo sie sind, gehört gefälligst der Zeitgeist hin.

Was kann Westbam dafür, dass die Alten noch immer diktieren, was wann passiert - und vor allem, was nicht passiert? Natürlich wenig. Und tatsächlich, "Götterstraße" ist ein gutes Album geworden, gerade deswegen, weil Westbam Köpfchen besitzt und das stete Verschwinden zwischen Vergangenheit und Zukunft angemessen behandelt. "Götterstraße" ist in letzter Konsequenz mehr New Wave als 90er-Ausrast-Techno und es hat den Mut, Superstars wie Kanye West loszulassen auf eine völlig aus der Zeit gefallene Inga Humpe. Westbam ist gelassen geworden, wohl auch eine Gnade des Alters, aber bei manch rührender Nostalgie zum Beispiel im Postpunker "She wants", da meint ihn man endlich zu verstehen.

Westbam fühlt sich wohl selbst nicht ganz wohl in einer Zeit, die einem wie ihm noch immer so aufmerksam zuhört. In dieser Hinsicht bringt er Generationen zusammen. Und doch: Dass nichtsdestotrotz der Übersong dem bald 50-jährigen Westbam ausgerechnet mit dem Rock-Mahnmal Iggy Pop unterläuft, das muss eigentlich jeden nachdenklich machen. Aber jetzt ist es vorbei mit dem Respekt vor dem Alter. Begrüßen wir die Neuankömmlinge unter uns.

(Nicklas Baschek)

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Highlights

  • Iron Music (feat. Iggy Pop)
  • She wants (feat. Bernard Sumner)
  • Where we're from (feat. Katt Rockell)

Tracklist

  1. You need the drugs (feat. Richard Butler)
  2. Kick it like a Sensei (feat. Lil Wayne)
  3. Rebel heart (feat. Katt Rockell)
  4. Iron music (feat. Iggy Pop)
  5. She wants (feat. Bernard Sumner)
  6. Götterstraße No. 1 (feat. Inga Humpe)
  7. Sick (feat. Brian Molko)
  8. To the middle of nowhere (feat. Inga Humpe)
  9. Radio Siberia (feat. Kanye West)
  10. We feel love (feat. Afrika Baby Bam feat. Boo Boo)
  11. Solid sound (feat. Andrew Tyler)
  12. Where we're from (feat. Katt Rockell)
  13. A night to remember (feat. Hugh Cornwell)
  14. Reprise

Gesamtspielzeit: 64:52 min.

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