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Joachim Deutschland - Der neue Deutschland

Joachim Deutschland- Der neue Deutschland

Mokoh / Rough Trade
VÖ: 12.04.2013

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die innere Drecksau

Da isser wieder! Wer? Na, Joachim Deutschland. Einer aus jener illustren Riege, die sich persönlich und ungefragt bei Plattentests.de gemeldet haben, um ihre Meinung über eine Rezension kundzutun. Ohne Gewalt und ohne Beschimpfungen, sogar. Vermisst hat ihn ansonsten zwar keiner, dennoch ließ er es sich nicht nehmen, geschlagene acht Jahre nach "Rock sei Dank" mal wieder etwas zu veröffentlichen. Nach überstandener Psychose strotzt der ehemalige Dissident nur so vor Energie und behauptet, er sei nunmehr ein neuer Mensch geworden. Neu ist leider mitnichten immer gleich besser. Aber gut, der Mann hat offensichtlich einiges durchgemacht, eine Chance hat er sich verdient.

Das hätte keiner erwartet: "Der neue Deutschland" kommt quasi gänzlich ohne Schimpfworte und Kraftausdrücke aus. Merke: Das ist die Scheibe eines Mannes, der 2003 mit den Worten "Schlampe" und "Drecksau" die Charts eroberte. Tatsächlich will Deutschland fortan ernster und nachdenklicher auftreten. Leider ist sein philosophisches Talent relativ überschaubar. Immerhin kauft man ihm ab, was er da singt. Dumm nur, dass es niemanden auch nur einen Zentimeter bewegt. Auch musikalisch klingt das neueste Werk des vierfachen Vaters bisweilen erwachsener. So erwachsen, wie ein ewiger Lausbub es eben sein kann. Die Arrangements sind nicht mehr gar so schrammelig wie in der Vergangenheit, bewegen sich irgendwo zwischen klassisch-punkigen und kernig-rockigen Klängen, relaxten Reggae-Sounds und nicht so ganz uninteressanten Crossover-Experimenten.

"Wenn Du die Gefühle von innen unterdrückst / Kriegst Du Probleme", stellt Deutschland in der Schmuseballade "Direkt ins Blut" fest. Die Ehrlichkeit ehrt ihn. In "Endlich angekommen" beschreibt Deutschland am anschaulichsten, was mit ihm passiert ist. Ganz klar, im Leben des ehemaligen Vorzeigerüpels hat eine Prioritätenverlagerung stattgefunden. In Tracks wie "Meine Sonne" geht zwar noch ordentlich die Post ab, aber die Message bleibt weichgespült. Tiger-Joachim wurden die Reißzähne gezogen. Zahnlos ist er zwar kuscheliger als jemals zuvor, verfehlt aber dadurch auch irgendwo seine Bestimmung.

Mensch Meier, Herr Deutschland. Man nimmt es Dir ja schon fast nicht mehr krumm, wenn Du zur Klampfe greifst. Schon allein im Sinne Deiner Lieben hofft man, dass Deine musikalische Ausscheidung therapeutisch auf Dich wirkt. Also tu, was Du tun musst! Bitte sei aber nicht böse, wenn das immer nur die Falschen gut finden. Alles Gute.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Meine Sonne
  • Endlich angekommen

Tracklist

  1. Alles nervt
  2. Schiess nicht
  3. Meine Sonne
  4. Direkt ins Blut
  5. Konsum
  6. Endlich angekommen
  7. Zum Anfassen
  8. Nebeneinander
  9. Meine Stadt
  10. Little Suzie Pt.2
  11. Dieser Tag
  12. Dean

Gesamtspielzeit: 40:15 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Roland
2013-01-31 16:10:03 Uhr
Joachim Deutschland gefällt mir fast so gut wie Lena. Wäre sehr schön, wenn er sich weiterentwickelt haben sollte. Vielleicht wird Das neue Deutschland ja sein persönliches Stardust ;-))
Demon Cleaner
2013-01-31 16:05:03 Uhr
Wenn der Promotexter Amok läuft...
Armin
2013-01-31 16:00:05 Uhr
Joachim Deutschland
Album: Der neue Deutschland

VÖ: 05. April 2013
Mokoh Music








Verwegen sieht er aus, dieser Kerl mit dem originellen Namen Joachim Deutschland. Nicht nur wegen der endlosen Rasta-Matte auf dem markanten Schädel und auch nicht alleine wegen des makellos trainierten Körpers, den der Anfang-Dreißiger aus Schorndorf bei Stuttgart mit dem deutschen Vater und der afroamerikanischen Mutter - beides Musiker - sein eigen nennt. Nein, das Verwegenste an Joachim Deutschland ist sein Lächeln, irgendwo angesiedelt zwischen Spott, unerschütterlichem Selbstbewusstsein und Weisheit.


So einer wie Joachim braucht dieses Lächeln zwingend, denn so einer wie er polarisiert mit seiner Arbeit. Bereits nach dem Debütalbum “Musik wegen Frauen” samt Hit-Single “Marie” aus dem Jahr 2003 warf man ihm von Arroganz über Sexismus bis hin zu Größenwahn ziemlich alles vor, was der deutsche Wortschatz an charakterlichen Negativeigenschaften anzubieten hat. Tatsächlich finden sich auf der Scheibe Texte, die zwischen rüdem Machismo und intelligenter, einfühlsamer Nabelschau klaffen. Vor allem aber findet sich darauf eine unwiderstehliche Mischung aus kernigem Rock, scharfkantigem HipHop, wild wucherndem Crossover, gepaart mit Texten, die in erster Linie für eines stehen: Authentizität. “Hauptsache, ich bin kompromisslos”, äußert Deutschland sich zu seinen Liedern, “drunter tu ich’s nicht. Das ist das Hauptanliegen mit meiner Musik.”


An diesem Anliegen hatte sich auch auf seinem zweiten Werk “Rock sei dank” aus dem Jahr 2005 nichts geändert. “Ich glaube sogar”, schätzt Joachim diese Scheibe rückblickend ein, “jene CD war noch radikaler und provozierender als der Erstling. Vor allem musikalisch war ich härter und unbarmherziger geworden, dieses Mal galt nur noch - entweder man liebt oder man hasst mich.”

Stolze acht Jahre sind ins Land gezogen, ehe Joachim - endlich! - seinen dritten musikalischen Streich auf die Bevölkerung entlässt. 12 Lieder sind darauf zu finden, der Titel ist, nicht weniger selbstbewusst als gewohnt, “Der neue Deutschland”. “Die dritte Scheibe ist mein rockigstes Album, auch mein ernsthaftestes und”, Joachim lacht, “kommt zum ersten Mal ohne Kraftausdrücke aus. Die passen bei diesen Songs einfach nicht. Sie passen auch nicht zu dem Leben, das ich aktuell führe.”


Viel hat sich getan in den letzten Jahren im Leben von Christof Johannes Joachim Faber, den die ganze Welt nur “Joachim Deutschland” nennt. Er hat 2009 geheiratet und ist inzwischen vier Mal stolzer Vater geworden. 2009 war aber auch das Jahr, in dem Joachim sein Dasein endgültig zu entgleiten schien. Eines Tages im Sommer ging er in Berlin nackt auf die Straße, sprach eine Bombendrohung aus, wurde im Anschluss daran in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Von Psychosen bedroht ist er bereits seit dem Sommer 2005: “In einer Psychose ist einem alles egal, es geht alles nur um den eigenen Film, den man da schiebt. Mir war egal, dass das jemanden stören könnte”, bekennt er heute. Doch inzwischen hat sich der Wind gedreht: “Mir geht’s super”, freut sich Joachim euphorisch. Und fügt hinzu: “Ich habe Jahre hinter mir, in denen ich jeden Sommer in der geschlossenen Anstalt war und jetzt bin ich seit vier Jahren nicht mehr drin gewesen. Mein Album ist fertig, wir gehen auf Tour und ich bin wieder voll da.”


Deutschland ist außerordentlich stolz auf sein neues Werk: “Es ist nach “Rock sei dank” bereits meine zweite Produktion mit einem durchgehenden Konzept”, schwärmt er, “dieser Aspekt war mir der Allerwichtigste. Ebenfalls wichtig war es mir dieses Mal, das Ganze wirklich durch zu produzieren, also die bewusste Entscheidung, einen klassischen Produzenten zu engagieren. Es ist eine radikal ehrliche Platte, deren Texte einen sowohl ins tiefste Dunkel meiner Psychose führen, vor allem aber ans Licht, das ich seit längerem sehe. Musikalisch regiert wilder Rock, der ist mir am nächsten! Doch es gibt erstmalig auch ein Reggae-Stück von mir und immerhin drei Balladen. Aber im Zentrum des Geschehens steht eindeutig die Gitarre.”


Wenn Joachim auf seine musikalische Vergangenheit zurückblickt, ist er nach eigener Aussage “bei weitem nicht mit allem zufrieden, auch nicht mit allen äußeren Umständen”, meint er. “Aber ich kann mir aus dieser Zeit zugute halten, dass ich sehr viele einmalige Erfahrungen sammeln konnte, ohne die ich heute nicht der wäre, der ich bin: Ein in sich ruhender Mann. Als Mensch bin ich kompromissbereiter als früher, was bestimmt mit meiner Familie zu tun hat. Als Musiker freilich bin ich genauso kompromisslos wie immer. Ich war und bin eben ein Punk. Punk sein heißt für mich, dass man eine Haltung beibehält, eine Attitüde, sofern man daran glaubt - egal was auch passiert und wie sehr man angegriffen wird. Vielleicht bin ich immer noch ein bisschen vom Fluch der Arroganz gepeinigt. Doch ich bin sicher, in emotional lauen Zeiten wie den unseren kann man mir dafür nicht böse sein.”

Richtig, Joachim Deutschland polarisiert. Er lässt sich nichts bieten, teilt aber auch nicht ungerecht aus. Und das ist gut so. Sehr gut sogar.





Na endlich. Ohne den war Plattentests.de jahrelang nur halb.
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