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Karl Bartos - Off the record

Karl Bartos- Off the record

Bureau B / Indigo
VÖ: 15.03.2013

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zweiter von links

Ein ehemaliger Musiker einer erfolgreichen Band räumt sein Archiv auf. Klingt zunächst einmal wenig spannend, kommt häufiger vor. Interessant wird die Sache dann, wenn es sich bei dieser Kapelle um Kraftwerk handelt, der wohl einflussreichsten Band, die Deutschland je hervorgebracht hat, und der Musiker Karl Bartos heißt, der in der großen Zeit der Düsseldorfer für die Rhythmen und Hooks verantwortlich zeichnete, die Songs wie "Das Model" und "Computerliebe" zu solch unsterblichen Klassikern machten.

Die Vermutung, bei "Off the record" handele es sich um Versatzstücke eben solcher Glanzlichter, liegt dennoch zunächst nahe. Und in der Tat lässt Bartos beim ersten beiläufigen Hören diese Falle gnadenlos zuschnappen. Das beginnt mit dem Artwork, das Bartos in einer nur leicht aktualisierten Version des Maschinenmenschen zeigt, der als zweiter von links im Bühnensetup mit Ralf Hütter, Florian Schneider und Wolfgang Flür positioniert war. Und endet zwangsläufig mit den bekannten Stilmitteln der Elektropop-Pioniere.

Nein, Bartos zu unterstellen, er wolle der "Düsseldorfer Elektro-Combo", wie er sie im Booklet nennt, und insbesondere Ralf Hütter, mit dem er nur noch per Anwalt kommuniziert, eines auswischen, wäre dann doch zu einfach. Denn nach ein paar Durchläufen zünden die Songs gewaltig. "Atomium" beispielsweise huldigt besagtem Bauwerk mit treibendem, aber alles andere als simplistischem 7/4-Takt, während das folgende "Nachtfahrt" eine augenzwinkernde Mischung aus "Autobahn" und "Europa endlos" darstellt. "International velvet" hingegen zeigt geradezu menschliche Wärme, die so nie ins frühere Konzept passen konnte.

So ganz kann sich Bartos die Seitenhiebe auf Kraftwerk dann allerdings doch nicht verkneifen. In "Without a trace of emotion" rechnet er gar mit seinem Alter Ego aus "Die Mensch-Maschine" ab: "Dresscode - red shirt, white tie / You're history, you're history." Die Essenz dessen, was den Sound von Karl Bartos und in letzter Konsequenz auch Kraftwerk ausmacht, ist allerdings "Musica ex machina", ein gewaltig marschierendes Stück Techno-Pop, was sich unaufhaltsam in Gehörgang und Tanzbein frisst.

Das Soundexperiment "The binary code" will seinen Sinn leider nicht wirklich preisgeben, doch gegen Ende zeigt nochmals vor allem das donnernde "Rhythmus", warum Bartos' Weggang bei Kraftwerk 1990 unvermeidlich war. Denn nachdem Hütter als treibende Kraft die Entmenschlichung der Band immer weiter forcierte, hat sich Bartos ein gehöriges Stück Leichtfüßigkeit bewahrt, ist sozusagen ein Mensch innerhalb der Mensch-Maschine geblieben. Während Hütter mit seinen zu Recht gefeierten Auftritten in Museen wie der Tate Gallery das Erbe der Band verwaltet, schlägt Bartos den Bogen in die Neuzeit. Und ist dabei in manchen Momenten den großen, den bahnbrechenden Alben der Diskographie näher, als er selbst vielleicht wahrhaben möchte.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Without a trace of emotion
  • Musica ex machina
  • Rhythmus

Tracklist

  1. Atomium
  2. Nachtfahrt
  3. International velvet
  4. Without a trace of emotion
  5. The binary code
  6. Musica ex machina
  7. The tuning of the world
  8. Instant Bayreuth
  9. Vox humana
  10. Rhythmus
  11. Silence
  12. Hausmusik

Gesamtspielzeit: 39:43 min.

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