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David Bowie - The next day

David Bowie- The next day

Sony
VÖ: 08.03.2013

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Dorian Gray vom Mars

War ja klar, dass er es anders macht. Anders als alle anderen, denn so war das schließlich schon immer. Zehn Jahre nach seinem letzten Studioalbum meldet sich David Bowie aus seinem New Yorker Rentnerparadies zurück und erklärt seinem überforderten Platten-Boss: "There is no PR campaign!" Aufkreuzen, abliefern, abtauchen - David Bowie hat mal wieder allen gezeigt, wie das geht. Im Schatten des Scheinwerferlichts hat er seine künstlerische Renaissance entworfen, die den Faden weiterspinnt, den er vor rund 40 Jahren aufgenommen hat. Schade nur, dass "The next day" nicht halten kann, was sich die verdutzte Weltöffentlichkeit von dieser unverhofften Auferstehung erhofft hat. Es ist nicht das Album des Jahrzehnts. Sondern nur ein sehr gutes.

Allein das Cover deutet schon an, wo die Zeitreise hingeht: ins Berlin der Siebziger, rein in den kalten Krieg, an die graue Mauer. Über das Portraitfoto auf dem Plattencover seines Welterfolgs "Heroes" hat er ein weißes Quadrat geklatscht: "The next day", steht da nüchtern und nackt. Ein Mann ohne Gesicht. Doch wer einen neuerlichen Spagat zwischen Depression und Manie, Größenwahn und Ästhetik erwartet, der wird enttäuscht. Bowie gibt sich schlicht als zeitbewusster Chronist und prüft, was die vergangenen 40 Jahre so gebracht haben. "Where are we now?" heißt das bei ihm.

Musikalisch ist das nicht besonders aufregend. Zuvorderst verbeugt sich der Unfassbare auf "The next day" vor sich selbst und seinen vergangenen Schaffenstaten. "Low", "Heroes" und "Lodger" werden hier ausgeschlachtet, womit sich Bowie selbst und auch seine Alben aus den Siebzigern ganz bewusst überhöht. Er zeigt noch einmal auf, dass er dem Zeitgeist in Berlin ein paar Jährchen zuvorgekommen war. Funky, wild und laut ist das meistens. Darüber stülpt er Referenzen zeitgenössischer Bands, die er verehrt. Die Soundästhetik von Arcade Fire, mit denen er vor einigen Jahren die Bühne teilte, hat er offensichtlich gut studiert.

Kurzweilig ist "The next day" genau aus diesen Gründen - man ist auf der Jagd nach neuen Vergleichen, und ehe man sich versieht, steckt man kopfüber in dieser Referenzhölle, die Bowie mit dem lynchesken Video zur Single "The stars (are out tonight)" noch weiter antreibt. Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart? Bei Bowie ist alles flüchtig, wie auch seine unzähligen Identitäten. Ehe man sich dessen erneut bewusst wird, ist er auch schon wieder weg, dieser David Bowie, der keine Konzerte niemals wieder spielen will. Nicht zu fassen.

Und genau deswegen ist "The next day" ein faszinierendes Album. Eines, das so gut in diese ironische, unverbindliche Zeit passt. Der dunkle Brocken "Love is lost", ein neurotischer Ausbruch, erzählt von nichts anderem. Das pathetische "You feel so lonely you could die" trägt die dämliche Nirvana-Reminiszenz glücklicherweise nur im Namen, das energetische "Dancing out in space" ist die schnöde Weltraum-Saga, und der abschließende Zitteranfall "Heat" geleitet das Album hinaus ins Nichts. Ist dieses Bowie Album politisch? Oder visionär? Im besten Song des Albums, jenem "Where are we now?", lautet die persönliche Antwort vom Thin White Duke: "As long as there's me / As long as there's you." Und manchmal muss das eben reichen.

(Christian Preußer)

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Highlights

  • Love is lost
  • Where are we now?
  • Heat

Tracklist

  1. The next day
  2. Dirty boys
  3. The stars (are out tonight)
  4. Love is lost
  5. Where are we now?
  6. Valentine's Day
  7. If you can see me
  8. I'd rather be high
  9. Boss of me
  10. Dancing out in space
  11. Apache
  12. (You will) Set the world on fire
  13. You feel so lonely you could die
  14. Heat

Gesamtspielzeit: 53:11 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Naja
2013-11-06 12:10:30 Uhr
Der war schon immer überbewertet.
Harcore Punk
2013-11-06 11:56:27 Uhr
Geldmacherei, sonst nix!

FU

Castorp

Postings: 2788

Registriert seit 14.06.2013

2013-11-06 11:31:48 Uhr
Die Bonus-Songs sind doch recht schnieke geworden (hab mal vor kurzem beim Spiegel-Artikel reingehört). :)
@Danny
2013-11-06 11:27:29 Uhr
Ja, aber nicht als physischer Datenträger, sondern nur digital als mp3, also verlustbehaftet.

Für Wave-Dateien müsste man über 16 Euro für die EP blechen (2,29 Euro pro Song (in Wave) bei musicload).

Bowie hätte die EP plus Videos ruhig als separate CD veröffentlichen sollen, da sämtliche Interessierten an der EP sicherlich schon das Album in der Deluxe Edition erworben haben und das Standard-Album nicht zwei mal brauchen.

Desare Nezitic

Postings: 5406

Registriert seit 13.06.2013

2013-11-06 11:18:00 Uhr
Schöne Ergänzung zum Album.

Der Opener haut mich immernoch glatt weg.

Nur ein Gig - irgendwo: Ich zahle alles dafür. Da würde ich auch vor Beschaffungskriminalität nicht zurückschrecken =)
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