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Stuttgart 21 - Unfassbar!

User Beitrag
S 21 stoppen!!
26.08.2010 - 00:17 Uhr
S 21 ist so ziemlich das traurigste, was ich seit Jahren erleben muss. Es ist unfassbar und zeigt, wie den Menschen die letzte Hoffnung an etwas zu glauben genommen wird..

http://webcam.schrem.eu/
Mensch aus Aumühle
26.08.2010 - 00:34 Uhr
Ich mag die S 21.
sooo weit draußen...
26.08.2010 - 00:38 Uhr
Ist das eigentlich noch Hamburg oder schon SH?
Mensch aus Aumühle
26.08.2010 - 00:44 Uhr
Ist schon Provinz.
sooo weit draußen...
26.08.2010 - 00:49 Uhr
Naja, immer noch besser als Stuttgart...!
Mensch aus Aumühle
26.08.2010 - 00:50 Uhr
Zumindest was den Dialekt angeht. :-)

26.08.2010 - 00:54 Uhr
der guzica hat ein recht cooles lied darüber gemacht, einfach mal nach borna + guzica googlen und auf seinem myspace anhören.
Drago
26.08.2010 - 01:16 Uhr
Wie kann man sich nur so dumm gegen den Fortschritt wehren wie diese langhaarigen Ökos aus Stuttgart!?
Langhaariger Öko (aus Stuttgart)
26.08.2010 - 08:27 Uhr
Ihr nehmt mir die letzte Hoffnung an etwas zu glauben. Ich glaube an Bahnhöfe! Auch wenn ich nur Bahnhof verstehe! Peace! Und chillen und so.
Gerd Glück
26.08.2010 - 08:37 Uhr
Sozialabbau, Afghanistan, Agrarskandal in Niedersachsen, Verharmlosung des Rechtsextremismus durch CDU/CSU... es gibt verdammt viele Sachen in diesem Land, die Widerstand erfordern.
Und was bewegt diese Biedermeierschwaben am meisten? Ihr Drecksbahnhof!! Unfassbar.
Mensch aus Bergedorf
26.08.2010 - 09:29 Uhr
Ich mag auch die S21.
Norman Bates
26.08.2010 - 09:37 Uhr
Wo ist denn das Problem mit der Modernisierung des Bahnhofs? Sackbahnhöfe saugen sowieso.
Und was haben Bahnhöfe mit Hoffnung zu tun? Doch höchstens die Hoffnung, den Ort hinter sich zu lassen?
fubu
26.08.2010 - 09:45 Uhr
und ehrlich, der stuttgarter bahnhof in seiner jetzigen form ist ein grauer, hässlicher und bolliger industriebau.
versteh einer die hippies die da jetzt gegen dessen abriss protestieren...deppen.
Bonzo
26.08.2010 - 10:08 Uhr
Der Unsinn dieses Vorhaben, ist vor allem in den erwarteten Kapazitätsverlusten zu sehen.
Macht bei einer erwarteten höheren Nachfrage im Nah- und Fernverkehr eher wenig Sinn.
Hallo?!
26.08.2010 - 10:25 Uhr
und ehrlich, der stuttgarter bahnhof in seiner jetzigen form ist ein grauer, hässlicher und bolliger industriebau.

Was ist das denn für ein Argument?! Willst du die noch immer unsere Gesellschaft definierende und prägende Epoche architektonisch leugnen? Würdest du auch den Eiffelturm abreißen lassen um ihn dann in einer postmodern-hippen Frank-Gehry-Variante neu zu bauen...?!
Mensch aus Aumühle
26.08.2010 - 10:36 Uhr
@Mensch aus Bergedorf: Klar, dass auch Dir die S21 gefällt, aber Dir bleibt immerhin noch die S2, ganz im Gegensatz zu mir. :-(

Pro S21!
Mensch aus der Stresemann
26.08.2010 - 10:46 Uhr
Finde die S21 auch besser, weil sie die Nordroute inklusive Holstenstraße bedient. Noch besser ist allerdings die S31, weil diese auch noch bis nach Altona fährt. Östlich vom Berliner Tor ist mir eh alles egal...
Stuttgart
26.08.2010 - 10:56 Uhr
Ich bin provinziell. Das ist gut so.
mmmhh
26.08.2010 - 10:57 Uhr
Sackbahnhöfe sind doch cool... hat so was von ankommen... nicht nur Durchreisestation.
Smartshitter
26.08.2010 - 11:00 Uhr
Die heißen ja eigentlich Kopfbahnhöfe.
Mensch aus Hasselbrook
26.08.2010 - 11:00 Uhr
Die Fahrzeiten der S11 sollten mal ausgeweitet werden!
Er muss es wissen
26.08.2010 - 11:05 Uhr
Frankfurt Hbf 6/10
München Hbf 4/10
Berlin Hbf (neu) 7/10
Berlin Zoo 8/10
Berlin Ostbahnhof 7/10
Leipzig Hbf 9/10
Hamburg Hbf 7/10
Hannover Hbf 6/10
Erfurt Hbf 4/10
Köln Hbf 3/10
Stuttgart Hbf 2/10
Stellinger-Hool
26.08.2010 - 11:08 Uhr
Ich finde den Altonaer Bahnhof toll!
Haariger Sackbahnhof
27.08.2010 - 00:00 Uhr
Oha, ganz schön viele unqualifizierte Kommentare hier! Der Bahnhof ist eher als Symbol für Machtmissbrauch, Korruption und gebrochenen Wahlversprechen zu sehen. Da geht es keinenfalls um ästhetische Frage.
Zugleich verstößt man gegen geltendes Recht (Denkmalschutz).
Obwohl es natürlich an sich auch so wahnwitzig ist, in diesen Zeiten 12.000.000.000€ für ein überdimensioniertes Großprojekt rauszuhauen.

"Sozialabbau, Afghanistan, Agrarskandal in Niedersachsen, Verharmlosung des Rechtsextremismus durch CDU/CSU... es gibt verdammt viele Sachen in diesem Land, die Widerstand erfordern.
Und was bewegt diese Biedermeierschwaben am meisten? Ihr Drecksbahnhof!! Unfassbar."
->Unglaublicher Schwachsinn. Argumentiert man so, darf man sich ja gegen gar nichts mehr wehren. Unglaublich, was es für Flachpfeifen in diesem Forum gibt.
SvK
27.08.2010 - 00:23 Uhr
da hat er recht, der haarige sackbahnhof.
stuttgart 2. liga
27.08.2010 - 00:55 Uhr
Ich habe immer gegen den alten Bahnhof demonstriert, nur hat das halt keinen gejuckt.
Gerd Glück
27.08.2010 - 06:48 Uhr
Natürlich kann, soll und muss man sich wehren. Aber wer sich an dieser lächerlichen Aktion beteiligt während im Hintergrund still und heimlich die AKW-Laufzeiten verlängert werden hat den Schuss einfach nicht gehört. Hinter diesen "Protesten" verbirgt sich dieses typisch schwäbische provinzielle Denken. Kein Schwein außerhalb des Spätzle-Dunstkreises interessiert sich für diesen beschissenen Bahnhof. Auf beiden Seiten der Konfrontationslinie herrscht hier entsetzliche Dummheit, aber während die Führung von Stadt/Land/Bund/Bahn wenigstens noch offen ihre neoliberalen Interessen vertritt frag ich mich ernsthaft, für was die "Protestler" hier eigentlich streiten. Für provinziellen Muff? Rückständige Verkehrssysteme? Das alles schön bleibt wie es schon immer war im bigotten Schwabenländle? Es ist zum Kotzen.
Bonzo
27.08.2010 - 09:25 Uhr
Schon ein bisschen lächerlich, dass der Protest gegen das Projekt erst in den letzten Monaten kommt und die Befürworter des Projekts in allen Wahlen klar gewählt wurden.
Ist ja nicht so, dass das alles in den letzten 4 Wochen geplant wurde, sondern das Projekt in dieser Form schon seit 1997 existiert.
Donau-Word
27.08.2010 - 12:27 Uhr
Gerd Glück
26.08.2010 - 08:37 Uhr
Sozialabbau, Afghanistan, Agrarskandal in Niedersachsen, Verharmlosung des Rechtsextremismus durch CDU/CSU... es gibt verdammt viele Sachen in diesem Land, die Widerstand erfordern.
Und was bewegt diese Biedermeierschwaben am meisten? Ihr Drecksbahnhof!! Unfassbar.

Gerd Glück
27.08.2010 - 06:48 Uhr
Natürlich kann, soll und muss man sich wehren. Aber wer sich an dieser lächerlichen Aktion beteiligt während im Hintergrund still und heimlich die AKW-Laufzeiten verlängert werden hat den Schuss einfach nicht gehört. Hinter diesen "Protesten" verbirgt sich dieses typisch schwäbische provinzielle Denken. Kein Schwein außerhalb des Spätzle-Dunstkreises interessiert sich für diesen beschissenen Bahnhof. Auf beiden Seiten der Konfrontationslinie herrscht hier entsetzliche Dummheit, aber während die Führung von Stadt/Land/Bund/Bahn wenigstens noch offen ihre neoliberalen Interessen vertritt frag ich mich ernsthaft, für was die "Protestler" hier eigentlich streiten. Für provinziellen Muff? Rückständige Verkehrssysteme? Das alles schön bleibt wie es schon immer war im bigotten Schwabenländle? Es ist zum Kotzen.


WORD!

Die baden-württembergischen Spießer regen sich über DEmonstrationen von Arbeitslosen auf und denken schlecht über HartzIV-Empfänger und ähnlich miese Dinge. Sobald aber lokal irgendwo die Hütte brennt, jammern sie rum. Doppelmoral, das ist des Schwabens Markenzeichen! Solange der Mercedes gewienert und in der Tiefgarage sicher verstaut ist, ist die heile Welt in Ordnung und fremdes Elend schert den Süddeutschen dann überhaupt nicht. Wie damals in den 80ern im bayrischen Wackersdorf muss "der Süddeutsche" wohl erst persönlich mit dem Kopf in der Scheiße landen (mit der Polizei,den Behörden,dem Staat insgesamt anlegen usw.), damit er aufwacht und sich mit seinen Landsleuten solidarisiert oder Verständnis für deren Sorgen empfindet. Ein Einzelner alleine kann nichts bewirken und eine kleine Gruppe schon gar nicht. Das beste Beispiel sind für mich diejenigen Süddeutschen, die die Menschen aus den neuen Bundesländern (ossis) subtil mobben und noch immer hinter vorgehaltener Hand schlecht über sie reden und denken. Versucht mal als Thüringer in Bayern einen Job zu bekommen, ohne das die Herkunft langfristig eine Rolle spielt...da tun sich Abgründe auf. (nicht alle Bayern sind zum Glück so, aber leider seeehr viele)

@Bonzo: Korrekt! die dümmsten Kälber, wählen ihre Schlächter selber. Wer noch immer die großen korrupten Parteien wählt, braucht sich hinterher nicht zu wundern.
Exportschwabe
27.08.2010 - 14:21 Uhr
- "Und was bewegt diese Biedermeierschwaben am meisten? Ihr Drecksbahnhof!!"

Es geht bei der ganzen Diskussion nicht um das Aussehen des Bahnhofs, sondern darum, dass Milliarden ineffizient in den Sand gesetzt werden. Diese Milliarden werden aber dringend zur Erweiterung und Instandhaltung des Schienennetzes in den nächsten Jahren gebraucht.


- "Aber wer sich an dieser lächerlichen Aktion beteiligt während im Hintergrund still und heimlich die AKW-Laufzeiten verlängert werden hat den Schuss einfach nicht gehört."

Soll man etwa den Schwanz einziehen damit nicht evtl. an anderer Stelle der nächste Schwachsinn durchgenickt wird? Die Politik ist sich bei der Sache bewusst, dass für S21 vermutlich keine Mehrheit mehr besteht, aber bei dem Projekt wird über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden. Wenn da jetzt schon eingeknickt wird ist das für eine "Demokratie" ziemlich Besorgnis erregend.


- "Die baden-württembergischen Spießer regen sich über DEmonstrationen von Arbeitslosen auf und denken schlecht über HartzIV-Empfänger und ähnlich miese Dinge."

Vorurteile sind hier fehl am Platz. Oder sind Ostdeutsche etwa Rechtsradikale?


- "Ist ja nicht so, dass das alles in den letzten 4 Wochen geplant wurde, sondern das Projekt in dieser Form schon seit 1997 existiert."

Absolut richtig. Aber an der Stelle muss man auch bedenken, dass damals kaum über die Folgen, Alternativen und Nutzen aufgeklärt wurde. Richtig kritisch diskutiert wurde das Thema erst seitdem es durch den Abriss konkret wurde und das Thema in den Mittelpunkt der Medien geriet. Außerdem sind die Kosten förmlich explodiert und werden definitiv noch weiter steigen. Und wer wird das Projekt noch stoppen wenn mitten im Bau nochmal 10 Milliarden dazukommen?


Eigentlich sehe ich die Sache auch eher neutral, aber die Unwissenheit im Rest von Deutschland ist erschreckend. Das Gejammer über fehlende Gelder kommt dann nochmal eine Stufe später ...
...
27.08.2010 - 14:23 Uhr
Na und?! Ob man die Milliarden nun in Stuttgart oder Berlin verpulvert ist nun auch egal! Glaubt ihr etwa, die würden das Geld etwa für was anderes einsetzen?
lazybone
27.08.2010 - 14:25 Uhr
Leute, bevor ihr über unseren "Provinzialismus" herzieht, und voreilige Schlüsse zieht, solltet ihr Euch einfach mal umfassend mit dem Thema S21 beschäftigen.
Protest dagegen gibt es schon seit Beginn der Planungen, die Demonstrationen jetzt zeigen nur den Unmut der Bürger, das Geld das nicht da ist verballert wird, das S21 viel teurer als geplant wird und das aufgrund von veralteten Fakten geplant wurde.
Ein Bahnhof, der (wenn er in 15 Jahren dann fertig ist) WENIGER Kapazität hat als der jetzige, ist doch nicht im Ernst zukunftsfähig.
Ach ja: die ganze Geschichte ist nicht nur ein Stuttgarter Problem, denn es werden u.A. auch die Steuergelder von Hamburgern, Bayern, Thüringern etc. verwendet.
Haariger Sackbahnhof
27.08.2010 - 14:54 Uhr
Vergiss es lazybone, Leute wie Bonzo oder Gerd Glücklich zeigen ganz gut auf, woran unsere Gesellschaft krankt. Oberflächlich und selbstgerecht wird hier vorschnell über eine Thematik, mit der man sich offensichtlich nicht auseinandergesetzt hat, geurteil.
Nochmal: Was haben die AKW-Laufzeiten mit diesem, aus Bundesmitteln geförderten, 12 Milliarden €-Projekt zu tun?
Muss man jetzt deswegen alles hinnehmen?
Ihr wollt nur nicht wahrhaben, dass dieses mal ein gesellschaftsveränderter Protest aus eurem ungebliebten Schwabenland entspringt.
Achso, ich vergaß ja, dass Schwaben nicht demonstrieren dürfen, weil ansonsten ja auch gegen andere Proteste sind und wenn sie protestieren und gegen den allgegenwärtigen Mief antreten dann ist es provinziell etc. Für mich sind das schon fast verkappte faschistische Gedanken.
mal so aus Neugier
27.08.2010 - 14:56 Uhr
was genau heißt denn hier "weniger Kapazität"?
Ironic
27.08.2010 - 14:57 Uhr
In Pakistan sind vier Millionen Menschen obdachlos und ihre führt hier eine Metadiskussion über ein lokales Ereignis. Ihr habt sie doch alle nicht mehr.
Haariger Sackbahnhof
27.08.2010 - 15:02 Uhr


Stuttgart - Oberbürgermeister Wolfgang Schuster kommt durch die Hintertür ins Alte Schloss. Ungelenk und mit eingefrorenem Lächeln. Im Innenhof sitzen die Honoratioren der Stadt, um ihr Weindorf zu eröffnen, eine jährliche Veranstaltung, die viel mit kollektivem Betrinken gemein hat. Doch diesmal ist die Freude getrübt. Draußen vor den Toren, die polizeilich noch schnell abgesperrt wurden, skandieren Demonstranten „Schuster raus“ und unterstützen ihr Verlangen mit Trillerpfeifen, was die Rede des 60-jährigen Christdemokraten empfindlich in ihrer Verständlichkeit stört. Aber so viel ist doch noch zu hören: „Wir lassen uns das Weindorf nicht vermiesen“. Das sagt er ganz tapfer, hebt ein Glas Wasser zum allgemeinen Prosit und entschwindet, eskortiert von der Polizei, durch den Hinterausgang. Er weiß warum. Drei Stunden zuvor ist mit dem Teilabriss des Hauptbahnhofs begonnen worden, und seitdem ist ein Aufruhr in der Stadt, wie sie ihn noch nie erlebt hat. Man nennt Stuttgart inzwischen auch die Hauptstadt des Widerstands.

Zehntausende ziehen durch die Straßen, Kreuzungen und Züge werden blockiert, und ein Ende ist nicht abzusehen. Der Bürgerentscheid, den Schuster einst versprochen hat, findet jetzt mit den Füssen statt. Angefangen hat es mit den Montagsdemos, die mittlerweile in die vierzigste Folge gehen, mit renitenten Schwaben, die ihre Fahnen hoch halten, in Vuvuzelas blasen, auf Topfdeckel schlagen, „oben bleiben“ brüllen und Menschen wie Wolfgang Drexler ratlos zurück lassen. Er versteht die Welt nicht mehr. Vom sechsten Stock eines angestaubten Verwaltungsbaus hat er den besten Blick auf den Nordflügel des Bahnhofs, wo sich der Zorn ballt, und er muss feststellen, dass es von Mal zu Mal mehr werden, was nicht unbedingt für den Erfolg seiner Arbeit spricht. Der 64-Jährige ist Sprecher des Prestigeprojekts Stuttgart 21, abgekürzt S 21. Seit geraumer Zeit trinkt er Tee statt Kaffee. Das Koffein mache ihn aggressiv, sagt er. Nebenher ist der Sozialdemokrat auch noch Vizepräsident des Landtags, aber das hilft nicht wirklich weiter, weil er für die da unten nur das verkörpert, wogegen sie seit Monaten anrennen: den schwäbischen Filz aus Politik und Wirtschaft.

Natürlich schafft Drexler wie ein Brunnenputzer für die „Jahrhundertchance“, sein Duktus hat bereits ICE-Tempo, das nächste Mikrofon wartet. Aber irgendwie funktioniert das nicht so wie im Parlament, wo er vor allem als Rabauke aufgefallen ist, und die Rolle des Integrators und Moderators, die ihm Bahnchef Rüdiger Grube zugedacht hat, ist eine glatte Fehlbesetzung. Und dann parken da unten, klagt Drexler, sozusagen als äußerer Schutzschild um die Demonstranten, auch noch die Porsche Cayennes der Bourgeoisie, die sich von der Halbhöhe herunter begeben hat, um den Wert ihrer Immobilien zu erhalten. Wenn's denn nur das übliche Protestvolk wäre, die Grünen oder Greenpeace oder attac. Das sind Gegner, die ein Politprofi packen kann.
Aber was soll er den Perlenkettenwitwen vom Killesberg sagen? Dass ihnen die SPD, wie weiland Klaus Staeck warnte, die Villen weg nehmen will? Wo es doch allenfalls ein bisschen wackelt, stinkt und lärmt, wenn bis 2019 und darüber hinaus gebuddelt wird. Der neue Bürstenhaarschnitt, der wohl Dynamik vermitteln soll, macht den Wortschwall auch nicht durchschlagskräftiger.

Seitdem das so ist, mit den schwäbischen Revoluzzern, üben sich auch auswärtige Beobachter in Beschreibungsversuchen. Die einen sehen Stuttgart entgleist, die anderen auf den Barrikaden, die nächsten in der Hamburger Hafenstraße und alle wundern sich, warum in dieser Stadt, in der sie immer den Hort der Biederkeit wähnten, plötzlich brave Bürger die Wege für ander Leute heilig's Blechle versperren. Das sei gar nicht gut für die Neckarmetropole, argwöhnen ihre Tourismuswerber. Sie berichten bereits von Problemen, Gäste davon zu überzeugen, dass der Schwarze Block die Königsstraße noch nicht eingenommen hat. Auch Investoren seien scheu wie Rehe. Sie kämen und blieben nur wegen der langfristigen Stabilität des Ballungsraums am Nesenbach. Schließlich stehe Stuttgart, so glauben sie, für Werte wie Sicherheit und Ordnung. Für „Let's putz“ eben, wie OB Schuster einst seine fulminante Meister-Proper-Kampagne genannt hat, an der sich alle Untertanen beteiligen sollten.

Lustig ist auch, dass alle Walter Sittler entdecken. Ist das nicht der, der mit Mariele Millowitsch in der Comedyserie Nikola aufgetreten ist? Der mal einen Kommissar oder Diplomaten gespielt hat, der immer so sympathisch rüber gekommen ist und jetzt der bekannteste Kopf der S 21-Gegner ist, die Ikone des zivilen Ungehorsams? Er ist's tatsächlich. Ein unprätentiöser, ernsthaft formulierender Mensch. „Sie werden mich weg tragen müssen“, betont er, „die Polizei tut mir heute schon leid“. Er gehört zu den 21390 Parkschützern, die sich vor die störenden Bäume im Schloßgarten stellen werden, und er weiß, dass dieses Bild durch die Republik gehen würde.

Der 57-jährige Schauspieler ist zum ersten Mal in seinem Leben auf die Straße protestieren gegangen, weil er das teuerste Infrastrukturprojekt Europas für einen „Kannibalen“ hält, der alles frisst. Das Geld für die Kindergärten, die Schulen, die Theater und den „Rest von demokratischen Strukturen“. Das hat er auch Drexler erzählt, worauf der ihm nur geantwortet hat, dass alles demokratisch legitimiert sei. Abgesegnet von den Parlamenten in der Stadt, in der Region und im Land. Offenbar hat Sittler das so wenig beeindruckt, dass er bei nächster Gelegenheit von einem Kartell sprach, das man „eher bei Silvio Berlusconi und seinen Hintermännern“ vermuten würde.

Das ist selbstverständlich übertrieben, weil es in Stuttgart keine Mafia geben kann. Man spricht hier lieber von einer Maultaschen- oder Spätzlesconnection, die sich in jahrzehntelanger CDU-Herrschaft zusammen gefunden hat. Zu ihr gehören die jeweiligen Ministerpräsidenten, Landräte, Oberbürgermeister, Bankdirektoren und Unternehmer, die sich allesamt, wie zufällig, im Unterstützerkreis von Stuttgart 21 wieder treffen. Oder, wie der Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll, im Beirat jenes Bauunternehmens, das den Zuschlag für den Abriss des Nordflügels erhalten hat. (Der Ordnung halber: Nach Bekanntwerden der delikaten Personalie war der Nebenjob erledigt).

Alles nur zum Wohl des Bürgers, der halt noch nicht kapiert hat, dass mit S 21 die Zukunft seiner Enkel gesichert wird. Das muss dem Steuerzahler den Aufwand wert sein, dessen Höhe, je nach Standort, mit 4,5 Milliarden Euro (Befürworter) oder zehn Milliarden Euro (Gegner) beziffert wird. Und weil das so ist, muss Drexler mantramäßig verkünden, dass der Bau unumstößlich, unumkehrbar und nicht mehr kompromissfähig ist. Selbst dann noch, wenn 30 000 auf den Beinen sind.

Kein Wunder, dass sie das „Milliardengrab“ längst nicht mehr als bloßes Verkehrsprojekt betrachten. Es ist für sie zu einer Metapher für eine kaltschnäuzige Cliquenwirtschaft geworden, zum Inbegriff einer abgehobenen, arroganten Klasse, die ihren Mythos einer Gesellschaft pflegt, in der nur Schnelligkeit, Fortschritt, Wachstum und die Bezwingbarkeit der Natur zählen - und die nicht mehr darüber redet. Sie hat sich in ihren Büros eingebunkert, kein Ministerpräsident, kein Bahnchef, kein Oberbürgermeister sucht mehr den Dialog. Doch Achtung: Bei so viel Borniertheit kann der Schwabe grundsätzlich und fuchsteufelswild werden, und am Ende den Marbacher Friedrich Schiller zitieren: „Der Schein regiert die Welt, und die Gerechtigkeit ist nur auf der Bühne.“ Ist es einmal so weit, wird er bockig.

Der Schwabe und verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, kennt diese Welt aus dem Bundestag. Technikfeind, Modernisierungsgegner, Ewiggestriger - alles hat er sich anhören müssen, wenn er beharrlich gegen den „Größenwahn“ zu Felde gezogen ist. Seine S 21-Anfragen an die Regierung füllen Aktenordner, die nichtssagenden Antworten auch, bis er am Ende begriffen hat, dass dahinter Methode steckt. Ein politisches Projekt wie Stuttgart 21, so wurde ihm bedeutet, ist nicht kritisch zu debattieren, es ist einfach umzusetzen. Koste es, was es wolle.

Das ist der Boden, aus dem der Protest wächst. Mitten in der Gesellschaft. Es sind Architekten und Denkmalschützer, die für den Erhalt des historischen Bahnhofs kämpfen. Verkehrsplaner, die vor einem Infarkt des Zugverkehrs warnen. Gärtner, die das Abholzen von 200 Jahre alten Platanen, 280 an der Zahl, für einen Frevel halten. Geologen, die um die Reinheit der Mineralquellen und die Stabilität der Tunnel mit einer Länge von insgesamt 33 Kilometer fürchten. Und es sind Promis wie der ehemalige Daimler-Chef Edzard Reuter und der Sternekoch Vincent Klink, die ihre Namen unter einen „Stuttgarter Appell“ setzen, in dem ein Moratorium sowie ein Volksentscheid gefordert wird - gefolgt von 36 000 weiteren Unterzeichnern.

Interessant wird sein, wie lange der Block aus CDU und SPD dem Trommelfeuer stand halten wird. Noch gibt die Union den Hardliner, agiert, als hätte sich nichts verändert, als lebte sie immer noch in der Zeit, in der sie so tat, als gehöre ihr die Stadt. Fern der Erkenntnis, dass sie, auch wegen Stuttgart 21, im Juni 2009 als kommunaler Platzhirsch abgewählt wurde und den Grünen Platz machen musste. Noch stemmt sich die Sozi-Spitze gegen den Widerstand in der eigenen Partei, die sehenden Auges in ein weiteres Debakel stürzt. Warum auch nicht, wenn bereits ausgedealt sein soll, wer nach den Landtagswahlen im März 2011 auf der Regierungsbank sitzen wird: Die dezimierte CDU mit der marginalisierten SPD, was immer noch für die Mehrheit reicht und die Grünen außen vor lässt. Die nämlich seien, sagen die Augen-zu-und-durch-Genossen, „nicht regierungsfähig“ solange sie gegen Stuttgart 21 sind. Stefan Mappus, der schwarze Ministerpräsident, muss das dann nur noch seiner Kanzlerin erklären.

Dieses Geschacher, Pöstchensichern, machtpolitische Taktieren, schafft zusätzlich Verdruss bei den Menschen, die sich fragen, wem sie eigentlich noch trauen können. Sie sehen sich als Figürchen auf Reißbrettern, deren Skizzen sie nicht kennen, als Objekte in tiefliegenden Plänen, auf deren Gestaltung sie keinen Einfluss haben. Geplant war nur nicht, dass sie ihre Rolle als Zaungäste der Demokratie und der vorgespiegelten Moderne satt haben.

Statt zuzugucken rennen sie dem Hausregisseur des Staatstheaters, Volker Lösch, die Bude ein, um in seinem Bürgerchor mitzumachen, der, im Stile der Antike, die Herrschenden anklagt. Bei Kahlkopf Lösch, dem Rächer der Enterbten, wissen sie sich gut aufgehoben, schließlich hat er zuletzt seinen Hamlet Flaschen in den Sumpf rammen lassen, unter voller Namensnennung. Zetsche, Cordes, Cromme, Bischoff. Zusammen mit Sittler hat Lösch auch den „Schwabenstreich“ ins Leben gerufen. „Lasst es krachen, fetzen, knallen“, fordert das Demoduo, und die Schwaben folgen. Jeden Tag, pünktlich um sieben Uhr abends, lärmen sie mit Tröten, Kochtöpfen, Autohupen durch die Straßen, dass Gott erbarm. Selbst Steuerberater und Omas aus dem Altersheim sind dabei schon ertappt worden.

Schöner ist ein anderes Symbol der neuen Protestkultur: der Bauzaun am Hauptbahnhof, den man getrost als Kunstmeile bezeichnen darf. Hier hängen hunderte, wenn nicht tausende Bekundungen besorgter Bürger. Manche erwartbar („Lügenpack“), manche anrührend wie das kleine Plakat von Italienern, die daran erinnern, wie sie als Gastarbeiter an der stazione termini angekommen sind und dort Billard gespielt haben. Viele liebevoll drapiert, mit Fotomontagen, gestickten Tüchern oder Entchen im Plastikpack („S21 kann baden gehen“), bis hin zu den Ermunterungen eines Ernst Blochs: „Wenn wir zu hoffen aufhören, kommt, was wir befürchten, bestimmt“.

Wenn sie klug wären, die getriebenen Betreiber von Stuttgart 21, würden sie damit werben. Wo sonst im Land ist derzeit so viel Kreativität, Spontaneität und Leidenschaft? Aber sie sind nicht klug.

Berliner Zeitung, 26.8.2010
2step4onepeople
27.08.2010 - 15:19 Uhr
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Leipziger City-Tunnel, der eine unvergleichliche Steuerverschwendung darstellt.

Geplante Kosten bei Baustart: 571,62 Mio. Euro
Derzeitiger Stand: 960,00 Mio. Euro (geschätzt) - Ende nach oben offen - wahrscheinlich dürften es am Ende der Fertigstellung 1,1 Mrd. Euro sein.

lazybone
27.08.2010 - 15:35 Uhr
@mal so aus Neugier: konkret bedeutet das der Bahnhof jetzt 15 Gleise, der Neue 8 Gleise haben soll. Des weiteren müssen sich Regionalverkehr und Fernverkehr die Streckenführung teilen, was zu erheblichen Verspätungen führen wird.
Es entstehen innerhalb der Streckenführung eingleisige Nadelöhre und Kreuzungen, wo ein Zug auf den anderen warten muss.
Ausserdem ist in der Planung für S21 der Güterverkehr ziemlich vernachlässigt worden. Das heisst dann, das in Zukunft noch mehr LKW's durch Städte und Dörfer fahren, da die Bahn keine Kapazitäten mehr frei hat.
shomo
27.08.2010 - 15:39 Uhr
Sozialabbau, Afghanistan, Agrarskandal in Niedersachsen, Verharmlosung des Rechtsextremismus durch CDU/CSU... es gibt verdammt viele Sachen in diesem Land, die Widerstand erfordern.
Und was bewegt diese Biedermeierschwaben am meisten? Ihr Drecksbahnhof!! Unfassbar.


qft!
shomo
27.08.2010 - 15:44 Uhr
ps: ich bin unwertes leben
shomo
27.08.2010 - 15:45 Uhr
sind na zis auch anti-s-21?
häberle und pfleiderer
27.08.2010 - 15:51 Uhr
@lazybone richtig was du schreibst mit dem güterverkehr, s 21 wäre ok aber irgendwie ein witz das wichtigste den schwerverkehr von der straße zu kriegen wird überhaupt nicht berücksichtigt.
mal so aus Neugier
27.08.2010 - 16:21 Uhr
@lazybone: Ok danke.
8 Gleise Durchgangsbahnhof klingt für mich eigentlich erstmal besser als 15 Gleise Kopfbahnhof, aber es kommt wohl auch auf das davor und dahinter an. Das mit dem Güterverkehr ist sicher ein eigenes Thema.
lazybone
27.08.2010 - 16:31 Uhr
Wer sich mit dem Thema ausführlicher beschäftigen möchte, kann hier weiterlesen:

www.kopfbahnhof-21.de/
www.das-neue-herz-europas.de/
Seemannsdämlack
27.08.2010 - 16:35 Uhr
Ich finde es bemerkenswert wie die Stuttgarter Bürger gegen diesen MIST aufbegehren. Leider ist es wohl unnütz. Schön zu sehen wie Milliarden für ein sinnloses Projekt aus dem Fenster geschmissen werden. Es gibt wichtigere Nadelöhre wo das Geld hinfliessen sollte.
Oberpppälzer
27.08.2010 - 16:37 Uhr
Das ist selbstverständlich übertrieben, weil es in Stuttgart keine Mafia geben kann. Man spricht hier lieber von einer Maultaschen- oder Spätzlesconnection, die sich in jahrzehntelanger CDU-Herrschaft zusammen gefunden hat.

Genau deshalb wird sich bei euch im Ländle nie etwas verändern, wenn ihr diese Saurei ständig verniedlicht!
Wahrheit
27.08.2010 - 16:43 Uhr
Stuttgart 21 ist einfach nur ein Epic Fail!
biedermeyer
27.08.2010 - 16:45 Uhr
fakt bleibt doch aber, daß die stuttgarter nur dann auf die barrikaden gehen, wenn es im ländle brennt und nicht im deutschländle...
Dr. Hieronymus von Bahngleisje
27.08.2010 - 16:51 Uhr
Lasst doch einfach mal den Anwalt der Herzen das Ding nach Hause schaukeln..
in zwei Stunden!
27.08.2010 - 17:01 Uhr

Großkundgebung am Freitag, 27.08.2010 ab 19.00 Uhr am Hauptbahnhof Stuttgart, Schillerstraße

Für den Kopfbahnhof

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